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"Perspektiven der Entwicklung des Weltsozialforums (WSF)"
Seminar des Institutes Rosa Luxemburg Stiftung in Sao Paulo, Brasilien aus Anlass der Büroeröffnung am 10.7.2003 Partner linker Vernetzung in Brasilien
Regionalbüro in São Paulo fördert Zusammenarbeit
Der Name Rosa Luxemburg hat in Brasilien einen guten Klang. Ein Umstand, auf den bei der Einweihungsfeier Antonio Martins von ATTAC Brasilien aufmerksam machte. Er meinte, Rosas Name sei für die Linken ein gutes Omen, und wünschte der Rosa-Luxemburg-Stiftung für ihre Arbeit alles Gute.
Zur Eröffnung des Büros in São Paulo kamen Vertreter der internationalen Abteilung der Arbeiterpartei (PT), der Stadt São Paulo, der Gewerkschaft CUT, Vertreter sozialer Bewegungen wie der Landlosenbewegung MST, der "Consulta Popular" und Ricardo de Azevedo, der Vizepräsident der PT-nahen Stiftung Perseu Abramo, die ein wesentlicher Partner der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Brasilien ist. Dr. Evelin Wittich, Geschäftsführerin der Stiftung, begrüßte die Gäste herzlich im Namen des Berliner Vorstandes.
Schon am Morgen hatten sich im Büro Vertreter verschiedener brasilianischer Organisationen und sozialer Bewegungen eingefunden, die an einem Seminar zum Thema: "Wie weiter mit dem Weltsozialforum?" teilnahmen. In einer intensiven Diskussion zu den bisherigen Ergebnissen des Forums und der Weiterführung des Prozesses wurde vor allem die Überzeugung geäußert, dass sich mit dem Forum ein Raum aufgetan hat, in dem sich alle antineoliberalen Bewegungen und Kräfte zusammenfinden können, um gemeinsame Strategien und Maßnahmen gegen die ungünstigen Folgen des Globalisierung zu beraten. Der Vertreter der Landlosenbewegung MST meinte, dass mit dem Weltsozialforum gleichsam ein Bär erweckt wurde, wir aber nicht versuchen sollten, diesen Bären "zu zähmen". In der Auseinandersetzung mit dem Neoliberalismus müsse das Volk selbst der Akteur sein, nicht eine selbsternannte Avantgarde. Es gehe vor allem darum, konkrete Ergebnisse zu erreichen und zum Beispiel in Brasilien wirksame Maßnahmen zur Kontrolle des internationalen Finanzkapitals einzuleiten. Die Regierung Lula lasse im Moment nicht erkennen, dass sie Schritte in dieser Richtung unternehme.
Erhard Crome sprach als Vertreter der Stiftung über die Vorbereitung des Europäischen Sozialforums im November 2003 in Paris. Die Stiftung wird sich bei ihren Projekten vor allem mit solchen Partnern zusammentun, die Förderer der weltweiten Bewegung der Sozialforen sind. Gegenwärtig werden insbesondere Projekte realisiert, die helfen sollen, basisdemokratische Bewegungen zu stärken, kommunale demokratische Mitarbeit und Selbstorganisation zu fördern. Künftig werde es darum gehen, die Erfahrungen der Mitte-Links-Regierung in Brasilien zu studieren, soziale Akteure zu unterstützen, die den demokratischen Wandel wollen, und eine breite Solidarität für einen Wandel in Brasilien zu entfalten.
Nichts kann interessanter sein, als neue Entwicklungen aus nächster Nähe zu verfolgen. Es ist ein Riesenzufall, dass zu einem Zeitpunkt, da eine linke Partei in Brasilien die bestimmende Kraft in der Regierung ist, die Rosa Luxemburg Stiftung in Sao Paulo ihr Regionalbüro eröffnet.
Geradezu kurios, da die deutsche Linke gerade eine Schlappe erlitten hat und sich ein Teil offenbar noch in einer tiefen Krise befindet.
Was liegt deshalb näher, als in Brasilien und in anderen Ländern des Südkegels Lateinamerikas zu arbeiten, wo sich wesentliche politische Prozesse vollziehen, die nicht nur für das Land oder den Kontinent von Bedeutung sind. Politische Innovationen, wie das partizipative Budget in Porto Alegre oder der Stadt Belèm, oder die Anstrengungen der Frente Amplio in Uruguay zur Demokratisierung der Gesellschaft oder die Entwicklungen in Ecuador oder gar Argentinien, Länder, in denen starke soziale Bewegungen entstanden sind, rufen das Interesse der Stiftung hervor und fordern geradezu auf, sich intensiv mit Partnern zu verbünden, die Träger oder Förderer dieser Entwicklungen sind.
Seit geraumer Zeit hat die Stiftung, schon bevor das Büro eröffnet wurde, solche Partner gefunden, deren Anliegen es ist, demokratische Prozesse an der Basis der Gesellschaft zu fördern und basisdemokratische Entwicklungen zu unterstützen.
Es ist das Anliegen der Rosa Luxemburg Stiftung, Partner für diese Organisationen und sozialen Gruppen zu sein und einen gemeinsamen Raum zu eröffnen, in dem es möglich ist, Alternativen zum gegenwärtigen neoliberalen Modell zu debattieren und zu ihrer Verbreitung beizutragen. Das geschieht über die Förderung einer Website mit dem Namen "Planeta Porto Alegre". Gemeinsam mit diesen Partnern hat die Rosa Luxemburg Stiftung sich aktiv an den Treffen des Weltsozialforums in Porto Alegre beteiligt, was auch für das Büro der Stiftung ein wesentlicher Arbeitsschwerpunkt in der nächsten Zeit sein wird.
Projekte, die zu diesem Zeitpunkt sich in Realisierung befinden, unterstützen die Förderung kommunaler Arbeit und kommunaler Vertreter. Ein weiteres Projekt trägt zur Gründung genossenschaftlicher Vereinigungen bei, die sich auf der Basis solidarischer Wirtschaftsformen entwickeln. In der Stadt Porto Akegre wurde gemeinsam mit der Uni Siegen ein Projekt realisiert, dass den Zusammenhang zwischen Bildung und Bürgerbeteiligung im Rahmen der "Schule des Citoyen" untersucht hat. Gerade in diesen Tagen wurde zum Thema an dieser Uni ein Seminar durchgeführt, das dieses Thema zum Inhalt hatte. Auch in dieser "Schule" wurden neue Wege beschritten, die einen Wandel bei der Gestaltung demokratischer Verhältnisse anstreben.
Impressionen von der Eröffnung und vom Seminar