Wer die Homepage der Kampagne «One Billion Rising» aufruft, kann verfolgen, wo, wann und wie in Deutschland Woche für Woche, Monat für Monat Frauen getötet werden – von ihrem Ex-Mann, vom gegenwärtigen Partner, von einem Stalker. Allein 2021 starben bis Anfang Dezember bundesweit 104 Frauen und 23 Kinder. Unter den Kindern waren 16 Mädchen, sechs Jungen und ein Baby. Weitere 120 Frauen und sechs Kinder wurden verletzt, zum Teil lebensgefährlich.
All diese versuchten oder vollendeten Morde wurden durch Männerhand verübt und passierten nicht zufällig. Es sind keine Einzelfälle und auch keine privaten Beziehungsdramen, wie es zum Teil immer noch in einigen Medien heißt. Vielmehr zählen sie zu den verheerendsten Menschenrechtsverletzungen weltweit. Denn viel zu oft bleiben diese Frauenmorde ungesühnt – in Lateinamerika, Indien, Pakistan und anderswo. Frauen «gehören» den Männern, und die dürfen ihren «Besitz» einsperren, vergewaltigen, schlagen und töten. Diese Gewaltverbrechen an Frauen sind Femizide. Sie passieren auch mitten unter uns – in der Nachbarschaft, hinter den Türen, draußen auf der Straße. Sie kommen in allen sozialen Schichten vor.
In Deutschland sind es vor allem Trennungstötungen, die Frauen das Leben kosten. Statistisch gesehen wird alle 72 Stunden – also jeden dritten Tag – eine Frau durch ihren gegenwärtigen oder Ex-Partner getötet. Hinter diesen Zahlen stehen jäh aus dem Leben gerissene Menschen, zurückbleibende Angehörige, traumatisierte Kinder. Und dahinter stehen Täter. Wer sind sie? Warum töten sie? Ist ein Grundmuster in den Taten zu erkennen? Gibt es Warnsignale und können Femizide verhindert werden? Welche sozialen Kompetenzen brauchen Jurist*innen? Was wird der Wucht von digitalem Hass gegen Frauen entgegengesetzt? Wir brauchen eine staatliche und gesellschaftliche Ächtung jeglicher Gewalt gegen Frauen und Mädchen. Dringend.
Inhalt
- Einleitung
- Was sind Femizide?
- Polizeiliche Kriminalstatistik
- Wer sind die Täter?
- Die Frauen im Blick
- Hass und Hetze gegen Frauen im Netz
- Es geht auch anders – Beispiel Spanien
- Gewaltschutz in Deutschland
- Literatur
Weiterführende Links
- Hilfetelefon des Bundesamts für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben
- Weisser Ring: Hilfsangebote bei häuslicher Gewalt
- Initiative #keinemehr
- Europäisches Institut für Gleichstellungsfragen: Femizid
- Janina Böck-Koroschitz und Elisabeth Weilenmann: «Nehmt ihr uns eine, antworten wir alle»
Femizide in Österreich, Rundfunkbeitrag, SWR2, 10.10.2022 - SEFRA e. V. – Selbsthilfe- und Beratungszentrum für Frauen: Literaturempfehlungen
- Marthe Sommer: «Alles was existiert, braucht einen Namen.»
Zur Relevanz der Konzepte Femizid und Feminizid für den deutschen Kontext, Masterarbeit, Alice Salomon Fachhochschule, Berlin 2021 - Svaantje Schröder: Femizid. Wenn Männer Frauen töten, Dokumentarfilm, Deutschland 2021
- BKA – Bundeskriminalamt (Hrsg.): Partnerschaftsgewalt.
Kriminalstatistische Auswertung – Berichtsjahr 2021, Wiesbaden 2022