Die Studie der Rosa-Luxemburg-Stiftung, der Heinrich-Böll-Stiftung, des INKOTA-netzwerk und des Pestizid Aktions-Netzwerk (PAN Germany) deckt auf, dass in den vergangenen zwei Jahren aus Deutschland mehr gefährliche Pestizide in Form reiner Wirkstoffe exportiert wurden als in fertigen Produkten. Die Exportmenge von reinen Wirkstoffen, die in der EU verboten sind, lag 2020 um das 2,5-Fache und 2021 sogar um das 4,5-Fache über der exportierten Menge an Wirkstoffen in fertigen Pestizidprodukten. Diese Daten sind besonders brisant vor dem Hintergrund, dass das vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft im September 2022 angekündigte Exportverbot für gesundheitsschädliche Pestizide aus Deutschland wohl lediglich den Export formulierter Produkte erfassen wird und somit eine große Schutzlücke offenlässt.
In den Jahren 2020 und 2021 wurden 8.260 Tonnen beziehungsweise 8.499 Tonnen verbotene Pestizidwirkstoffe in fertigen Produkten aus Deutschland ausgeführt. Gleichzeitig wurden 2020 20.298 Tonnen und 2021 sogar 37.525 Tonnen verbotene Pestizide als reine Wirkstoffe exportiert. Es handelt sich dabei um Wirkstoffe, die in der EU nicht genehmigt sind, weil sie entweder explizit gesundheits- oder umweltschädlich sind oder weil den für die Genehmigung zuständigen Behörden keine ausreichenden Informationen zu deren Risikobewertung vorlagen.
Deutsche Unternehmen profitieren enorm vom Handel mit gefährlichen, in der EU verbotenen Pestizidwirkstoffen: «Exportschlager» unter den exportierten Wirkstoffen in formulierten Produkten waren das Herbizid Cyanamid und das Fungizid Propineb. Cyanamid gilt als krebserregend und fruchtbarkeitsschädigend und Propineb als hormon- und fruchtbarkeitsschädigend. Als reiner Wirkstoff wurde mit knapp 11.000 Tonnen im Jahr 2021 am meisten das fruchtbarkeitsschädigende Unkrautvernichtungsmittel Glufosinat ausgeführt.
Damit die Doppelstandards im internationalen Handel mit Pestiziden abgebaut werden, muss ein wirkungsvolles deutsches Exportverbot den Handel mit reinen Wirkstoffen, einschließlich derer, die aufgrund ihrer Umweltschädlichkeit nicht genehmigt sind, miteinbeziehen. Dies gelingt am umfassendsten und rechtssichersten über eine Reform des Pflanzenschutzgesetzes. Auf diese Möglichkeit hatten die an der Analyse beteiligten Organisationen bereits in einem im September 2022 veröffentlichten Rechtsgutachten hingewiesen.