Es war eine echte Sensation: Als am 17. Dezember 2014 die Staatschefs von Kuba und den Vereinigten Staaten verkündeten, die über ein halbes Jahrhundert lang eingefrorenen Beziehungen zwischen beiden Staaten normalisieren zu wollen, reagierte die Weltöffentlichkeit überrascht. Was führte zu diesem Wandel? Werden den Worten auch Taten folgen? Fällt nun das Embargo?
Dass in beiden Ländern große Bevölkerungsmehrheiten die Aufnahme diplomatischer Beziehungen begrüßen, zeigt, wie überfällig dieser Schritt ist. Bereits jetzt wird auch deutlich, dass es in der Tat erste konkrete Ergebnisse der Annäherung gibt. In den – von der kanadischen Regierung und insbesondere von Papst Franziskus vermittelten – Geheimverhandlungen hatten sich beide Seitem auf einen Gefangenenaustausch und auf die Lockerung von Restriktionen im Tourismus sowie die Erleichterung des Geldtransfers und der Telekommunikation geeinigt.
Ende Januar war die Neudefinition des Verhältnisses zwischen den USA und Kuba denn auch das beherrschende Thema beim Dritten Gipfeltreffen der „Gemeinschaft der Staaten Lateinamerikas und der Karibik” (CELAC) in Costa Rica. In den Schlussdokumenten begrüßten die anwesenden Staatschefs den Wandel, sprachen sich aber gleichzeitig mit Nachdruck für die sofortige Aufhebung der weiterhin andauernden amerikanischen Wirtschafts- und Finanzblockade gegen Kuba aus.
Die Annäherung nährt auf Kuba die Hoffnung, die seit zwei Generationen bestehende Blockade – und die aus ihr resultierenden massiven wirtschaftlichen Einschränkungen – könnten nun ein Ende haben. Seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion, und damit auch des kubanischen Außenhandels, sah sich die Regierung in Havanna zu vielen Experimenten gezwungen, um das eigene sozialistische Modell aufrechtzuerhalten. Dies ist einerseits geglückt, Kuba hat sich gegen seinen übermächtigen kapitalistischen Nachbarn behaupten können. Andererseits hat das Land einen hohen Preis dafür zahlen müssen und sich in tiefe Widersprüche verstrickt. Kann die vertikale Planwirtschaft mit Elementen der Marktwirtschaft funktionieren? Was bleibt vom „kubanischen Sozialismus” im 21. Jahrhundert? Diesen brennenden Fragen muss sich die kubanische Führung jetzt mehr denn je stellen.
Denn eines ist klar: Die US-Regierung hat zwar ihre Strategie geändert, nicht aber ihr Ziel: den Systemwechsel auf Kuba. Im ersten Text analysiert William M. LeoGrande, Professor of Government an der American University in Washington, D.C., den Wandel in der US-Außenpolitik als Übergang von einer aggressiven Strategie der „hard power” auf eine „weiche” Politik des Wandels durch Annäherung. Im zweiten Text geht Jenny Morín Nenoff, deutsch-kubanische Forscherin und ehemalige RLS-Stipendiatin, der kubanischen Perspektive auf den Grund.
Mit dieser – von den Büros New York und Mexiko-Stadt der Rosa-Luxemburg-Stiftung gemeinsam erstellten – Broschüre wollen wir einen Beitrag leisten zur kritischen Begleitung des Prozesses. Denn man lasse sich nicht täuschen: Mehr als ein erster Schritt ist bislang noch nicht getan.
Gemeinsam veröffentlicht von den Büros New York City und Mexiko-Stadt der Rosa-Luxemburg-Stiftung, Februar 2015.
Weiter im PDF.