Der charismatischste aller demokratisch gewählten politischen Führer der vergangenen Jahrzehnte ist tot. Eine politische Leitfigur mit dem Charisma eines Hugo Chávez vermag – vorausgesetzt, sie steht einer Demokratie und nicht einem autoritären Regime vor – eine besonders mobilisierende Verbindung zwischen Volk und Regierung herzustellen, denn unter solchen Bedingungen vereinigen sich demokratische Legitimität und Zusammengehörigkeitsgefühl mit gemeinsamen Zielen, die weit über die politische Repräsentation hinausgehen. Die armen Bevölkerungsschichten, daran gewöhnt, einer fernen und repressiven Macht ausgesetzt zu sein (ein typisches Merkmal schwacher Demokratien), spüren, dass die Kluft zwischen dem Volk und den Volksvertretern verschwindet. «Populismus und Autoritarismus!», wettert die Opposition, doch nur selten vermag sie die Wahlbevölkerung zu überzeugen. Es ist nun einmal so, dass Charisma und Ausstrahlungskraft eines politischen Führers in einer Demokratie ein Niveau staatsbürgerlicher Bildung ermöglichen, wie es unter anderen Regierungsformen nur sehr schwer zu erreichen ist.
Publikation International / Transnational - Amerikas Chávez: Vermächtnis und Herausforderungen
Standpunkte International 04/2013. Mit einem zusätzlichen Beitrag von Miriam Lang: «Venezuela: Nach den Wahlen wird entschieden»