«Wer kennt nicht diese Bilder: braungebrannte, dicke Rentnerinnen in geblümten Badeanzügen, die am Strand von Mallorca turnen und angeblich die deutschen Sozialkassen ruinieren.»
taz, 23.1.2007
In Deutschland werden die Älteren immer mehr und sie werden außerdem auch immer älter. Das ist eine Tatsache. Eigentlich ja prima, dass wir im Durchschnitt nicht mehr mit 40 Jahren sterben wie noch vor 100 Jahren. Doch die Angst geht um: Wer soll die Rente all der 90-Jährigen künftig finanzieren?
Wenn es um die Bevölkerungsentwicklung geht, beherrschen Katastrophenszenarien die Diskussion: In vielen ärmeren Ländern des Südens drohe eine «Bevölkerungsexplosion», heißt es dann. Damit ist gemeint, dass dort zu viele Menschen leben, die zu viele Kinder bekommen. Das Gegenteil in europäischen Ländern: Hier würden zu wenig Kinder geboren, weswegen eine «demographische Zeitbombe» ticke.
Um die Rente «zukunftsfest» zu machen, ist sie in den letzten Jahren umgebaut worden. «Nachhaltigkeitsfaktor», «Riester-Treppe», Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre – alle Änderungen laufen auf das Gleiche hinaus: Pro Kopf zahlt der Staat schrittweise immer weniger Rente. Als Ausgleich sollen die Menschen zusätzlich privat vorsorgen und so die Löcher stopfen, die die Politik in die gesetzliche Rentenversicherung reißt. «Privat vorsorgen» heißt hier: Jeder muss vom oft knappen Lohn noch etwas fürs Alter zurücklegen. Im Klartext: Per saldo sinkt der Lohn. Länger arbeiten, weniger Rente, weniger Lohn – all das stellen Politik und ExpertInnen gern als zwangsläufige Folge der sinkenden Geburtenrate dar. An diesem Sachzwang sollen wir auch noch selbst schuld sein – wir haben zu wenige Kinder gezeugt und geboren. Dabei stimmt beides nicht. Das Rentenproblem ist kein biologisches, sondern ein ökonomisches und politisches. Und daher geht es nicht um Sachzwänge, sondern um Verteilungsfragen.
Inhalt:
Mythen und Fakten zur Rentenpolitik
- 1 «Ein demografischer Orkan kommt auf uns zu»
- 2 «Lasst uns länger arbeiten»
- 3 «Die Alten beuten die Jungen aus!»
- 4 «Die umlagefinanzierte Rente ist ein Schneeballsystem»
- 5 «Der Rentenbeitragssatz darf nicht steigen»
- 6 «Eine zukunftsfeste Altersvorsorge muss auf drei Säulen ruhen»
- 7 «Die Rentenversicherung wird paritätisch finanziert»
- 8 «Länger arbeiten hält gesund»
- 9 «Den Rentnern geht es so gut wie nie»
- 10 «Private Vorsorge – sorgenfreier Ruhestand»
- 11 «Altersarmut nachhaltig verhindern»
Denn eins ist sicher: Geschenkt gibt es nichts
Glossar
AutorInnen:
- Sabine Reiner unter Mitarbeit von Ingo Schäfer und Michael Popp