Der Name der Zeit? Unklar. Post-alles, Interregnum. Die US-Hegemonie war schon in Zeiten neoliberaler Transnationalisierung infrage gestellt, das Empire (Hardt/Negri) kein US-amerikanisches. Der Machtwechsel war bereits in vollem Gange, vielleicht nicht wie es die Weltsystemtheorie (Arrighi) nahelegte mit China als neuem Hegemon, aber vielleicht doch mit Chimerika (Niall Ferguson), womit die Symbiose beider Volkwirtschaften, ihre wechselseitige ökonomische Abhängigkeit und die des Weltmarkts von beiden gemeint ist. Seit der globalen Finanzkrise von 2007, verstanden als Ausgangspunkt einer lang anhaltenden organischen Krise, ist bislang kein hegemonial attraktives Projekt in Sicht, welches den aktiven Konsens der Subalternen reorganisiert, Akkumulationsperspektiven auf erweiterter Stufenleiter schafft und eine neue Weltordnung etabliert.
Den Versuchen einer autoritären Absicherung neoliberaler Politiken – angefangen beim Fiskalpakt, den Auflagen der Troika über den harten Griff der Finanzmärkte, den beispielsweise Argentinien zu spüren bekommt, bis hin zu diversen transkontinentalen und unzähligen bilateralen Freihandelsabkommen – steht mit der Arabellion der Beginn eines neuen transnationalen Bewegungszyklus gegenüber (vgl. LuXemburg 3-4/2013). Neben der militärischen Restauration in Ägypten und vielerorts aufstrebenden islamistischen Bewegungen (und ihrer Bekämpfung) steht das Ringen der verbliebenen Großmächte um Einflusszonen, sei es in Osteuropa oder bei der Aneignung afrikanischer Ressourcen. Während die USA darauf bedacht sind, nicht weiter an Bedeutung zu verlieren, sucht Russland seinen Einfluss über Energie- und Ressourcenpolitik sowie Waffenhandel auszudehnen und verbindet China seine imperiale Ausdehnung mit aktiver Entwicklungshilfe und kümmert sich ansonsten nicht weiter um die Krisenherde der Welt.
Doch die imperiale Lebensweise (Brand/Wissen) basiert nicht nur auf der Ausbeutung natürlicher und menschlicher Ressourcen der globalen Peripherien – sie übt mehr denn je eine unglaubliche Anziehungskraft aus, vor allem auf die neuen Mittelklassen des globalen Südens, von Ecuador bis zur Ukraine, von China bis Nigeria, vom Iran bis nach Tunesien. Zugleich formiert sich überall Widerstand gegen diese Form der Produktions- und Lebensweise von links wie von rechts, von indigenen Bewegungen in den Anden oder den neuen Demokratiebewegungen in São Paulo, in Istanbul oder in Madrid bis zur rechten Reaktion in Venezuela oder in Thailand oder den an Stärke gewinnenden islamistischen Kräften im arabischen Raum.
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Inhalt
Vorwort von Mario Candeias
Einleitung: Außenpolitik als Herausforderung für die Linke
I. Deutsche Elitendiskurse: Der Mythos von der reaktiven Zäsur 2014/15 in der deutschen Außenpolitik
II. Imperialer Realismus? Die neue Offensivausrichtung der deutschen Außenpolitik
III. Innen-außen-Dialektiken: Die Krise nach der globalen austeritätspolitischen Wende und die Externalisierung innerer Widersprüche
IV. Deutschlands Krisenkorporatismus, neue Wachstums- und Wettbewerbsstrategie und seine neue Rolle im EU- und American Empire
V. Brandstiftende Feuerlöscher: Kapitalismus mit geringem Wachstum, neue Kriege und europäische «Flüchtlingskrise»
VI. Grundzüge einer linken Außenpolitik
Literatur