Publikation Soziale Bewegungen / Organisierung - Parteien / Wahlanalysen Sieg des Kleingeistes über die Politik

SPD verspielt den Politikwechsel in Thüringen und die Chance auf Neues. Von Benjamin-Immanuel Hoff.

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Reihe

Online-Publ.

Autor

Benjamin-Immanuel Hoff,

Erschienen

Oktober 2009

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SPD verspielt den Politikwechsel in Thüringen und die Chance auf Neues.

In der Nacht zum 1. Oktober 2009 entschied sich der Landesvorstand der SPD in Thüringen, mit 18 zu 6 Stimmen, nach Sondierungsgesprächen zwischen der CDU einerseits und der LINKEN sowie den Grünen andererseits, mit der thüringischen CDU Koalitionsverhandlungen aufzunehmen.

Ausgangskonstellation: Die CDU wird abgewählt – Politikwechsel gewünscht

Am 30. August 2009 wurde die seit 1990 ununterbrochen regierende CDU von den Wählerinnen und Wählern in Thüringen abgewählt. Sie verlor gegenüber der Landtagswahl 2004
insgesamt 104.847 Wählerinnen und Wähler, das entspricht rund 24% ihrer damals erhaltenen Stimmen. Ihre drei Wahlziele wurden deutlich verfehlt: Sie konnte die absolute Mehrheit nicht verteidigen, sie unterschritt ihr Wahlziel von 45% + X deutlich und obwohl die FDP zwar in den Landtag gewählt wurde, sahen die Wähler/-innen ein schwarz-gelbes Bündnis, als Ersatz für die verloren gegangene Alleinregierung von der CDU angestrebt, nicht vor.

Auch wenn die Ablehnung der CDU in wesentlichem Maße mit dem dramatischen Autoritätsverlust des mittlerweile zurückgetretenen Ministerpräsidenten Dieter Althaus verknüpft wurde, so kann der Niedergang der thüringischen CDU nicht allein der Person Althaus angelastet und damit der Wille der thüringischen Wählerinnen und Wähler für einen Politikwechsel negiert werden.

In der Wirtschafts-, Arbeitsmarkt- und Bildungspolitik musste die Landes-CDU innerhalb der letzten zwei Legislaturperioden Vertrauenseinbußen von bis zu 20 Prozentpunkten verkraften. Nach Infratest dimap-Angaben waren im Vorfeld der Landtagswahl 67% der Befragten der Auffassung, dass die Partei in den letzten Jahren viele Fehler gemacht habe.
Die thüringische CDU wurde als Partei der sozialen Ungerechtigkeit wahrgenommen: Sieben von zehn befragten Wahlberechtigten vertrat die Auffassung, dass sich mit der CDU die sozialen Ungleichheiten verstärken und Arbeitnehmerinteressen vernachlässigt würden. Nur für 17% der Befragten war die CDU die Partei, die sich für angemessene Löhne einsetzt. Es überrascht deshalb nicht, dass im August 2009 nur noch 43% der von Infratest dimap befragten Wahlberechtigten im Land mit der Arbeit der Landesregierung zufrieden war. Eine
absolute Mehrheit von 55% war hingegen unzufrieden.

Allein die CDU-Anhänger/-innen waren mit ihrer Landesregierung zufrieden (83% zu 15%), während die Anhänger/-innen von SPD, Grünen und FDP zu jeweils zwei Drittel, die Anhänger/-innen der LINKEN sogar zu mehr als vier Fünftel (85%) mit der CDU-Regierung unzufrieden waren.

Lediglich 39% befürworteten nach Infratest dimap-Angaben auch nach dem Wahltag eine unionsgeführte Regierung. Eine CDU-Alleinregierung schätzten nur noch 30% als gut für das Land ein, 14 Punkte weniger als vor fünf Jahren.

Befragt nach den Koalitionsbewertungen bewerteten im August 2009 nach Infratest dimap 40% der Befragten ein rot-rot-grünes sowie 37% ein rot-rotes Bündnis mit „sehr gut/gut“. Im Vergleich zur Landtagswahl 2004 entspricht dies einer Zunahme für rot-rot-grün um 15% und zu rot-rot um 12%. Ein schwarz-rotes bewerteten hingegen nur 35% mit „sehr gut/gut“, dies sind 7% weniger als bei der Landtagswahl 2004.

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