Themenschwerpunkte
Gerechte Übergänge (Just Transition) und Energiepolitik
Die wirtschaftliche Ausrichtung in den beiden Programmländern Philippinen und Indonesien unterscheidet sich. Die Philippinen verfügen über einen starken Dienstleistungssektor, Exportgüter sind vor allem Elektronik, Maschinen und Transportmittel, sowie eine starke Landwirtschaft (Reisanbau). Pläne zur Förderung von jährlich 340.000 Tonnen Kupfer und 350.000 Unzen Gold werden erst seit 2016 umgesetzt, bisher wurde in erster Linie Nickel produziert. Indonesiens Wirtschaft basiert fast ausschließlich auf dem Export von Rohstoffen wie Gold, Kupfer, Nickelerz sowie Holzprodukten, Agrarprodukten (Reis, Erdnüsse, Kakao, Kaffee) und Textilien. Darüber hinaus ist Indonesien weltgrößter Exporteur von Flüssigerdgas sowie der größte Palmölproduzent der Welt.
Mit der wirtschaftlichen Entwicklung einher geht in beiden Ländern der Abbau von Kohle. Auf den Philippinen sind 55 Kraftwerke in Planung oder angekündigt wodurch sich der Kohleanteil bei der Stromerzeugung bis 2030 von heute 35 Prozent auf rund 70 Prozent verdoppeln würde. Indonesien ist momentan der weltweit größte Exporteur von thermischer Kohle, die zur Energiegewinnung in China, Indien und anderen asiatischen Ländern verheizt wird. Die Folgen sind für die große Mehrheit der Bevölkerung in den zentralen Fördergebieten der Verlust ihres Landes, massive Umweltverschmutzung, weitreichende Veränderungen ihrer Lebens- und Wirtschaftsweisen sowie neue Gesundheitsrisiken. Ähnliche Auswirkungen hat in beiden Ländern auch die Abholzung von Regenwäldern.
Die damit einhergehenden politischen Herausforderungen stellen sich noch brisanter dar, wenn die sozial-ökologischen Dimensionen sowie Verpflichtungen zum Klimaschutz berücksichtigt werden. Kurzfristige Lösungen und ungerechte Lösungen stehen der Notwendigkeit eines langfristigen Strukturwandels und gerechten Übergängen gegenüber. Vor diesem Hintergrund möchten wir analysieren und definieren, wie gerechte Übergänge weg von konventioneller Energieproduktion und -vertrieb hin zu erneuerbaren Energien in Einklang gebracht werden können mit dem Recht auf sozial gerechte Entwicklung.
Falsche Klimaschutzinstrumente, Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel und Finanzialisierung von Natur
Mit dem Kyoto Protokoll (1997) wurden flexible Klimaschutz-Mechanismen mit dem Ziel eingeführt, es den Unterzeichnern des Kyoto-Klimaschutzprotokolls zu ermöglichen, ihre Minderungsverpflichtungen durch Investitionen in sogenannte Klimaschutzprojekte auch außerhalb der eigenen Landesgrenzen zu erfüllen. In der Folge entstanden zum einen der EU-Emissionshandel, zum anderen die drei im Kyoto-Protokoll geregelten Mechanismen CDM, JI und Emissionshandel. Bei den Klimaverhandlungen in Kopenhagen 2009 wurde im Zuge der Diskussionen, wie dem Problem der Entwaldung im Rahmen der Klimarahmenkonvention durch Kompensationszahlungen begegnet werden könnte, der REDD+-Mechanismus geschaffen. Grundlegend ist diesen Instrumenten einerseits, dass sie die Ursachen für Treibhausgasemissionen nicht direkt, sondern indirekt beseitigt werden sollen. Zum anderen, dass mit ihnen eine ökonomische Inwertsetzung (Finanzialisierung) von Natur einhergeht, z.B. dadurch, dass dem in den Wäldern gespeicherten Kohlenstoff im REDD+-Modell ein monetärer Wert zugewiesen wird. Dieses Prinzip wird im Bereich Anpassung an die Folgen des Klimawandels, z.B. durch Klimarisikoversicherungen für Kleinbauern, fortgeschrieben.
Die Konsequenzen dieser Ansätze sind weitreichend. Ziel unserer Programmarbeit dazu ist, die negativen sozialen und ökologischen Nebeneffekte der Instrumente kritisch zu hinterfragen, gleichzeitig aber auch Alternativen zu diesen oftmals falschen Lösungen vorzustellen und weiterzuentwickeln.
Klimabedingte Migration
Die direkten Folgen des Klimawandels, z.B. Umweltveränderungen und Wetterextreme, aber auch indirekte Folgen wie ökonomische Probleme und Konflikte infolge des Klimawandels veranlassen viele Menschen zur Flucht. Die Schätzungen über die Zahlen von «Klimamigrant*innen» schwanken, der wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WGBU) prognostiziert, dass zukünftig 10 bis 25 Prozent aller Migrationsströme durch Klimawandel und dessen Folgen verursacht werden. Klimabedingte Flucht findet meist innerhalb der Landesgrenzen oder in benachbarte Staaten statt, zudem in erster Linie im globalen Süden, so dass sie in der internationalen Debatte bisher kaum auftaucht. Nicht zuletzt deswegen existieren für Menschen, die klimabedingt fliehen, weder Schutznormen im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention noch zuständige Institutionen. Im Abschlussdokument der UN-Klimaverhandlungen in Cancún (2010) einigten sich die Vertragsparteien der Klimarahmenkonvention darauf, Migration, Umsiedlung und Flucht als Herausforderungen im Kontext der Anpassung an den Klimawandel anzusehen. Was in den Debatten bisher noch fehlt, ist die Verknüpfung zwischen klimabedingten Veränderungen und den sozialen und politischen Gegebenheiten eines Landes genauer zu betrachten, um die Zusammenhänge besser zu verstehen und adäquate Lösungen zu erarbeiten. Hier möchte unsere Programmarbeit ansetzen und den Fokus dabei besonders auf die kleinen Inselstaaten im pazifischen und indischen Ozean legen.