Viele Kämpfe der Migration weltweit sind auch Kämpfe um Globale Soziale Rechte. Insbesondere in den Kommunen und urbanen Räumen Europas und Nordamerikas sind in den vergangenen Jahren politische Visionen, aber auch konkrete Erfahrungen inklusiver Migrationspolitiken entstanden, die Fragen des Rechts auf globale Bewegungsfreiheit und soziale Rechte zusammen führen. So schützen die Bewegung der Städte der Zuflucht (Sanctuary Cities) in Nordamerika sowie der solidarischen Städte (Solidarity Cities) in Europa, ihre Bewohner*innen vor Abschiebungen, machen sich für die Aufnahme von Geflüchteten stark oder fördern das Recht auf globale Bewegungs- und Niederlassungsfreiheit, indem sie soziale Rechte von Staatsbürgerschaft und formalem Aufenthaltsstatus entkoppeln. Stattdessen sehen aktivistische Netzwerke, soziale Bewegungen, aber auch progressive Politiker*innen und städtische Verwaltungen ihre Bewohner*innen als Bürger*innen mit (sozialen) Rechten, die, wenn nötig, auch gegen nationalstaatliche Gesetzgebungen verteidigt werden. Städte wie New York, Barcelona, Bern und Zürich arbeiten an kommunalen Ausweisdokumenten (City-ID), die jeder*m Bewohner*in der Stadt, ungeachtet des formalen Aufenthaltsstatus, erhalten und damit Zugang zu städtischen sozialen Dienstleistungen wie Bildung und Gesundheit bekommen kann. Der Berliner Senat arbeitet an einer anonymisierten Gesundheitskarte. Weitere Städte, wie Frankfurt und Hannover schöpfen die kommunalen Gesetzgebungen aus, um Familienangehörige von Geflüchteten nachkommen zu lassen.
Die UN-Nachhaltigkeitsagenda 2030 bleibt dahinter weit zurück. Das Nachhaltigkeitsziel Zehn spricht sich zwar dafür aus, Migration zu «vereinfachen». Von einem Recht auf Migration für alle Menschen, ein Recht, das fast jede Person im Globalen Norden selbstverständlich für sich in Anspruch nimmt, ist in den Nachhaltigkeitszielen allerdings nichts zu lesen. Dem dominanten Diskurs um die «Bekämpfung von Fluchtursachen», also einer Politik, die Migration verhindern oder eindämmen will, steht die entwicklungspolitische Zivilgesellschaft teilweise machtlos gegenüber. Sie versucht Entwicklungspolitik von der Umarmung der Sicherheitspolitik zu befreien, vernachlässigt dabei aber die Partnerschaft mit Aktivist*innen für das Recht auf Migration.
Über politische und rechtliche Herausforderungen solidarischer Städte in Europa diskutieren wir mit der Juristin Helene Heuser (Universität Hamburg, Refugee Law Clinic) sowie mit den Aktivist*innen Maurice Stierl (Watch the Med - Alarmphone), Eberhard Jungfer (bundesweites Solidarity City Netzwerk) und Denise García Bergt (International Women’s Space). Sylvia Werther vom Berliner Entwicklungspolitischen Ratschlag (BER) moderiert die Diskussion.
Einführender Text: Stefanie Kron und Henrik Lebuhn (2018), «Solidarische Städte: globale Soziale Rechte und das Recht auf Mobilität»
Die Veranstaltung ist der dritte Teil in der Reihe «Recht haben. Globale Soziale Rechte und die Agenda 2030», ein Kooperationsprojekt der Rosa-Luxemburg-Stiftung und des Berliner Entwicklungspolitischen Ratschlags (BER).
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Prof. Dr. Stefanie Kron
Stefanie Kron ist Professorin für Soziale Arbeit mit Schwerpunkt quantitative und qualitative…