Als die Nazis deutschen Wein zum „Volksgetränk“ machen wollten ...
Nie zuvor - und auch nie danach - hat es in Deutschland eine gewaltigere Absatzaktion für die heimischen Winzer gegeben: Unter der eingängigen Parole „Weintrinken ist kein Luxus!“ entfaltete das NS-Regime in den Friedensjahren des „Dritten Reiches“ eine groß angelegte Weinpropaganda, die deutschen Rebensaft nachgerade zum „Volksgetränk“ erheben wollte. Jeder einfache Arbeiter und „Volksgenosse“ sollte im Hitlerstaat regelmäßig Teilhabe an dem vormals als angeblichem Luxusgetränk bessergestellter Kreise verpönten alkoholischen Genussmittel erhalten, das nunmehr im amtlichen Sprachgebrauch zum „edelsten Erzeugnis deutscher Scholle“ avanciert war.
Um dies zu bewerkstelligen, übernahmen zwischen 1935 und 1937 annähernd 1.000 Städte vom Rheinland bis nach Ostpreußen besondere „Weinpatenschaften“ für einzelne Winzerorte, wobei im Rahmen eines im ganzen Reich stattfindenden „Festes der deutschen Traube und des Weines“ vom Parteiapparat der NSDAP allerorten volkstümliche Weinfeste und Umzüge organisiert werden sollten. Der Volksmund machte daraus rasch die Parole: „Saufen für den Führer!“ Tatsächlich wurde den deutschen Winzern damit seitens des Hitlerstaates eine propagandistische Aufmerksamkeit gewidmet, wie sie keiner anderen vergleichbaren Berufsgruppe in den Jahren der Hitlerdiktatur je zuteil geworden ist...
DR. CHRISTOF KRIEGER hat sich in seiner Doktorarbeit an der Universität Trier erstmals wissenschaftlich mit der nationalsozialistischen Weinpropaganda beschäftigt.
Der Traben-Trarbacher Museumsleiter gibt anhand bislang zumeist unbekannter Quellen, überraschende Einblicke in eine weithin unbekannte Seite der Arbeiter- und Konsumgeschichte unter dem Faschismus.