Dokumentation Die Orbanisierung Griechenlands – Mitsotakis‘ Autoritarismus

Gäste aus Griechenland berichten über die aktuelle politische Situation im Land

Information

Zeit

24.03.2023

Themenbereiche

Soziale Bewegungen / Organisierung, Südosteuropa, Griechenland

Griechenlands Premier Kyriakos Mitsotakis beim Kongress der Europäischen Konservativen im März 2022 in Paris
Griechenlands Premier Kyriakos Mitsotakis beim Kongress der Europäischen Konservativen im März 2022 in Paris, CC BY 2.0, European People's Party, via Wikimedia Commons

Der Schock über das Wahlergebnis der griechischen Parlamentswahlen vom 21. Mai 2023 sitzt für viele Menschen tief. Es ist damit zu rechnen, dass die regierende konservative Nea Dimokratia durch die zweite Wahl am 25. Juni 2023 aufgrund des von ihr selbst durchgesetzten veränderten Wahlsystems eine absolute Mehrheit der Parlamentssitze erlangen wird. Der Durchmarsch der konservativen Partei wird zu einer weiteren Orbanisierung des Landes führen und die autoritäre Entwicklung Griechenlands gehen.

Die gegenwärtigen Entwicklungen in Griechenland wurden auf der Veranstaltung am 24. März 2023 in Berlin sehr pointiert von griechischen Aktivist*innen und engagierten Politiker*innen von DIE LINKE, Bündnis 90/Die Grünen und der SPD dargestellt.

Die gesamte Veranstaltung wurde jetzt aufgezeichnet und so aufbereitet, das die Diskussionen auf Griechisch und auf Deutsch komplett angesehen werden können.

1. Teil:  Aktuelle politische Situation in Griechenland und neuer Autoritarismus

Wir sprechen über staatliche Maßnahmen und Gewalt gegen Geflüchtete und die Kriminalisierung von Unterstützer*innen; über staatliche Maßnahmen an den EU-Außengrenzen, die europäischem und internationalem Recht widersprechen sowie über Polizeigewalt und die Einschränkung demokratischer Grundrechte und Freiheiten, insbesondere der Pressefreiheit.

Unsere Gäste aus Griechenland:

  • Iason Apostolopoulos, einer der bekannteste Flüchtlingshelfer Griechenlands und sehr scharfer Kritiker der Politik gegen Geflüchtete in Griechenland und an den europäischen Außengrenzen
  • Stavros Malichudis, Journalist und Opfer der Überwachung durch die Predator-Software

Die Orbanisierung Griechenlands - Teil 1

Details

Die Veranstaltung war mit ca. 130 Personen sehr gut besucht. Die Menschen aus dem Publikum, die sich zu Wort meldeten, bedankten sich für die wichtigen, schockierenden Informationen über die Entwicklungen in Griechenland, die die beiden griechischen Aktivisten gegeben hatten.

Der Journalist Stavros Malichudis berichtete über die vielfältigen Eingriffe in die Unabhängigkeit der Justiz. Sie wird immer häufiger zum Erfüllungsgehilfen der Macht. Bei Korruptionsskandalen wurden die Whistleblower und sogar Staatsanwälte verfolgt und vor Gericht gestellt. Diejenigen, die bestochen hatten, gingen frei aus. Die allermeisten Medien betätigen sich als Sprachrohr der Mächtigen. Es gibt Bedrohungen gegenüber Journalisten vom Rufmord bis hin zum Mord. Malichudis berichtete von Gesprächen mit ungarischen Kollegen, die die Entwicklung der Medien in beiden Ländern als ähnlich bezeichneten. Mitsotakis hat ein extremes System der Überwachung installieren lassen, von dem nicht nur seine Kritiker, sondern auch die höchsten Militärs und Minister seiner eigenen Regierung, ja selbst enge Verwandte von ihm selbst betroffen sind. Die Zustände in den meisten Gefängnissen sind unmenschlich. Malichudis berichtete von übermäßiger Polizeigewalt gegen Oppositionelle und andere, bis hin zu Folter und Erschießen unbewaffneter Jugendlicher.

Der Seenotretter Iasonas Apostolopoulos berichtete über den Kampf der griechischen Regierung gegen Geflüchtete und Flüchtlingshelfer. Dieser Kampf wird mit ähnlichen Mitteln geführt wie die Entdemokratisierung in anderen Bereichen - nur noch brutaler. Es ist der Regierung gelungen, die gesamte Seenotrettung in der Ägäis zu zerschlagen. Nach dem ersten Teil mit den Inputs der beiden Griechen folgte noch ein zweiter Teil der Veranstaltung, in dem drei deutsche Politker*innen aus dem Europaparlament und dem Bundestag, von der Linken, den Grünen und der SPD von ihren Strategien, der griechischen Entdemokratisierung etwas entgegen zu setzen, berichteten.

2. Teil: Perspektiven europäischer Politik

Was kann und sollte europäische Politik oder auch die Bundesrepublik Deutschland tun, um dem Abbau demokratischer Rechte in Griechenland zu begegnen?

Es diskutierten:

  • Clara Bünger, MdB Die Linke
  • Erik Marquardt, MdEP Bündnis 90/Die Grünen
  • Gaby Bischoff, MdEP SPD

Moderation: Prof. Dr. Margarita Tsomou, deutsch-griechische Kultur- und Theaterwissenschaftlerin, Dramaturgin, Kuratorin, Tänzerin, Performancekünstlerin und Aktivistin, Hochschule Osnabrück

Die Orbanisierung Griechenlands - Teil 2

Details

Nach dem im ersten Teil der Veranstaltung der Journalist Stavros Malichudis und der Seenotretter Iasonas Apostolopoulos über die aktuelle politische Situation in Griechenland und neuen Autoritarismus berichteten, kamen im zweiten Teil drei deutsche Politker*innen aus dem Europaparlament und dem Bundestag zu Wort.

Über Perspektiven europäischer Politik, darüber was europäische Politik oder auch die Bundesrepublik Deutschland tun kann und sollte, um dem Abbau demokratischer Rechte in Griechenland zu begegnen, diskutierten Clara Bünger (MdB DIE LINKE), Erik Marquardt (MdEP Bündnis 90/Die Grünen) und Gaby Bischoff (MdEP SPD).

Eine gemeinsame Veranstaltung von attac Berlin, Bildungswerk Berlin der Heinrich-Böll-Stiftung, Bündnis Griechenlandsolidarität Berlin, Europareferat der Rosa-Luxemburg-Stiftung, Fachausschuss Europa der SPD Berlin, Respekt für Griechenland e.V.

Die Veranstaltung fand auf Deutsch und Griechisch statt und wurde simultan verdolmetscht.

Hintergrundinformationen zur Situation in Griechenland gibt es u.a. hier: