Im Dezember 2014 fand an der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg eine gemeinsam mit dem Regionalbüro Cottbus der Rosa-Luxemburg-Stiftung Brandenburg ausgerichtete Tagung zum Thema "Das Recht auf Perspektive – Regionalentwicklung bei indigenen Völkern, europäischen Minderheiten und den Sorben/Wenden" statt, von der einzelne Beiträge nun in einer Online-Broschüre veröffentlicht worden sind.
Aus dieser Tagung ist ein weiterer Beitrag zum Thema des Guten Lebens hervorgegangen, der gesondert als einzelnes Heft in dieser Schriftenreihe erschienen ist: "Gut Leben in Harmonie: Emergenz, Diskurs und lokalindigene Erfahrung eines neuen Paradigmas im Schatten des Rechts auf Selbstbestimmung in Ecuador" von Johannes Waldenmüller. In der Ankündigung heißt es: "Ausgehend vom andinen Raum ist das Konzept des Buen Vivir derzeit in zahlreichen Regionen und Facetten aktuell. In diesem Beitrag wird ein kurzer ideengeschichtlicher und inhaltlicher Abriss der als „Buen Vivir“ bezeichneten Bewegung skizziert. Buen Vivir und Sumak Kawsay haben innerhalb von rund 15 Jahren einen internationalen Boom an Fach- und Populärliteratur ausgelöst, wobei die „Verstaatlichung“ dieser Konzepte in Ecuador und Bolivien zu ihrem Erfolg beigetragen hat. Zugleich haben genau diese politischen Prozesse die Konzepte von innen her ausgehöhlt und alternative Bewegungen tendenziell geschwächt, insofern wenigstens echte Teilhabe neuer Akteure (z.B. indigener Parteien) am Regierungsprozess letztlich weitgehend verunmöglicht wurde. Der Beitrag analysiert diese Entwicklung und Versuche, welche den originären Geist der Formulierungen rund um Sumak Kawsay (mehr als Buen Vivir) wiederbeleben und zu verbreiten suchen."
Die Tagung vom Dezember schloss an Vorgängerveranstaltung an, die ebenfalls als WorkingPaper dokumentiert wurde (Häfner/Laschewski 2013). Gegenstand der Veranstaltung im Jahr 2013 war das das Verhältnis von (Minderheiten-)Kultur und Verfügungsmöglichkeiten an natürlichen Ressourcen - ausgehend von der internationalen Konvention der ILO 169 über die Rechte indigener Völker. In dieser Tagung wurde deutlich, dass die Frage „nach der Selbst-Bestimmung von regionaler Entwicklung und Entwicklung der Kultur (...) komplex und kompliziert [wird], wenn eine Minderheiten-Kultur auch nicht exklusiv und eineindeutig einem bestimmten Territorium zugeordnet werden kann, wenn also Minderheiten auch in ihrem ‚angestammten Gebiet‘ selbst Minderheiten (geworden) sind. Und dies ist ja bei den Sorben/Wenden der Fall“ (Laschewski/Häfner 2013, S. 2).
Die Beiträge im nun vorliegenden Band schließen auf unterschiedliche Weise an diese Fragestellung an und thematisieren den europäischen und nationalen Kontext mit Blick auf die Frage des Verhältnisses zwischen Mehrheitsgesellschaft und Minderheiten.
Auch der ehemalige Brandenburgische Landtagsabgeordnete, Philosoph und Afrikawissenschaftler Dr. Gerd-Rüdiger Hoffmann (Senftenberg) beteiligte sich mit einem Vortrag an der Veranstaltung und beleuchtete die Debatte um das „angestammte Siedlungsgebiet“ im Zuge der Novellierung des Sorben/Wenden-Gesetzes in Brandenburg. Er mahnte die Beachtung internationaler, wissenschaftlicher Standards an, nach denen sich die Bindung der Minderheitenrechte an ein bestimmtes Territorium eigentlich verbietet. Mobilität und Freizügigkeit sind selbstverständlich auch Angehörigen einer Minderheit zuzugestehen, ohne dass sie damit ihrer Rechte verlustig gingen. Angesichts der Fixierung auf ein bestimmtes Siedlungsgebiet, wenn es um die Ausreichung von Fördermitteln geht, erstaunt es laut Hoffmann dann doch sehr, dass im Zusammenhang mit dem Braunkohlenabbau niemand der Verantwortlichen auf die Idee kommt, dass die Kohle eigentlich den Sorben/Wenden gehörte. Es ist, so Hoffmann, an der Zeit, ein modernes Minderheitengesetz als höheres Allgemeingut anzusehen als eine rückwärtsgewandte Braunkohlentechnologie.
Den Tagungsband finden Sie hier (PDF)
Der ausgekoppelte Vortrag von Johannes Waldenmüller steht hier zur Verfügung (PDF)
Text und Links von gerd-ruediger-hoffmann.de/aktuelles/