Nach den Parlamentswahlen im Oktober 2009 bezifferte die neu gewählte griechische Regierung unter Ministerpräsident Giorgos A. Papandreou das für 2009 aufgelaufene staatliche Haushaltsdefizit (Neuverschuldung)auf über zwölf Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Dieser «Offenbarungseid» gilt – zumindest aus Sicht des Auslands – als der Beginn der Wirtschafts- und Finanzkrise Griechenlands.
War Griechenland bis dahin in der öffentlichen Wahrnehmung in Deutschland ein idyllisches Ferienland, wurde es damit über Nacht zum abgezockten Krisenland, über das deutsche PolitikerInnen und Medien reichlich Spott, Polemik und Ressentiments aus gossen. Der vorliegende Text spitzt einige dieser lautstark und bis heute beharrlich vorgetragenen vermeintlichen Wahrheiten über «die Griechen» zu, um sie dann nüchtern auf ihren Wahrheitsgehalt hin zu prüfen.
Als stellvertretender Parteivorsitzender und als finanzpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion der LINKEN habe ich mit dem Aufstieg von SYRIZA intensive Kontakte nach Griechenland und insbesondere zur griechischen Regierung unter Alexis Tsipras aufgebaut. Dabei habe ich unseren griechischen GenossInnen auch immer wieder die in Deutschland weit verbreiteten Ansichten über «die Griechen» mitgeteilt – und selbst skeptisch nachgebohrt, wenn mir Kritikpunkte an den «griechischen Verhältnissen» nicht unplausibel oder aus eigener Erfahrung berechtigt erschienen. Heraus kam dabei, dass es – auch in Griechenland – selbstverständlich Licht UND Schatten gibt. Klar geworden ist mir dabei aber eben auch, mit welcher missionarischen Beharrlichkeit bestimmte interessierte Kreise in der deutschen Politik, in der Wirtschaft und in den Medien zum Thema Griechenland tendenziöse Darstellungen in Umlauf bringen, Fakten verdrehen und sogar verleumden.