Publikation Westeuropa - Parteien / Wahlanalysen Rechtsruck mit Orbáns Hilfe und Erfolge für die Linke

Analyse der Parlamentswahlen in Slowenien von Wenke Christoph

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Reihe

Online-Publ.

Autorin

Wenke Christoph,

Erschienen

Juni 2018

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Der Wahlsieger Janez Janša (l.) gemeinsam mit Viktor Orbán im März 2018. Die Kritik an der offenen Wahlkampfunterstützung durch den rechtspopulistischen ungarischen Ministerpräsidenten hat zum guten Wahlergebnis der Linken in Slowenien beigetragen. CC BY 2.0, Foto: European People's Party

 

Am 3. Juni fanden vorgezogene Parlamentswahlen in Slowenien statt. Nur knapp 52 Prozent der 1,7 Millionen Wahlberechtigten gaben ihre Stimme ab und wählten ein aus nunmehr neun Parteien bestehendes Parlament. Eindeutiger Wahlgewinner ist die rechtspopulistische Slowenische Demokratische Partei (SDS), die mit 25 Sitzen im 90-köpfigen Parlament vertreten sein wird. Zugleich konnten drei Mitte-Links-Parteien – die Sozialdemokraten, die neu ins Parlament eingezogene Liste von Marjan Šarec (LMŠ) sowie die Liste der früheren Premierministerin Alenka Bratušek – zusammen mit der sozialistischen Levica („Linke“) deutlich über 30 Prozent der Stimmen einholen. Die liberale Partei des Modernen Zentrums (SMC), bei der Wahl 2014 noch stärkste Partei, musste hingegen massive Einbußen hinnehmen und kommt auf nur zehn Sitze im neuen Parlament.

Wahlen standen für den Sommer 2018 sowieso an, jedoch wählten die Slowen*innen bereits am vergangenen Sonntag, da am 15. März der Premierminister Miro Cerar zurückgetreten war. Das oberste Gericht hatte ihn kurz zuvor für schuldig befunden, ein im September 2017 abgehaltenes Referendum über ein eine Milliarde Euro teures Eisenbahnprojekt durch illegale staatliche Finanzierung beeinflusst zu haben. Zudem stand Cerar bereits seit längerem unter Druck, innerhalb der Koalition, aber auch vonseiten der Gewerkschaften, die mit Streiks Lohnerhöhungen im öffentlichen Dienst durchsetzen wollten.

Cerar hatte 2014 seine Partei des Modernen Zentrums (SMC) erst kurz vor der Wahl gegründet und 34,5 Prozent der Stimmen gewonnen. Daraufhin ging er mit der konservativen Rentnerpartei DeSUS und den Sozialdemokraten, die mit 5,98 Prozent der Stimmen ihr schlechtestes Ergebnis einfuhren, eine Koalition ein. Dem schnellen Aufstieg Cerars folgte jedoch mit der jetzigen Wahl ein massiver Einbruch. War Cerar vor vier Jahren noch ein „frisches Gesicht“, der mit einem Antikorruptionswahlkampf begeisterte, stellte sich bei den Wähler*innen schnell Ernüchterung ein. Nicht zuletzt, weil seine Regierung nicht in der Lage war, sozial- und lohnpolitische Verbesserungen umzusetzen und damit die positive wirtschaftliche Entwicklung des Landes spürbar für die breite Bevölkerung werden zu lassen. So waren die Qualität der Gesundheitsversorgung aber auch das seit Jahren stagnierende Lohnniveau und die Renten zentrale Wahlkampfthemen.

Diese Fragen konnten insbesondere die Parteien links der Mitte aufgreifen, wie etwa die ökosozialistische Partei Levica (Die Linke), deren Werte in den Meinungsumfragen Anfang des Jahres noch bei ca. 5 Prozent lagen. Mit einem Wahlkampf, der auf Armutsbekämpfung, die Verbesserung von Arbeiter*innenrechten, bezahlbaren Wohnraum, den Stopp von Privatisierungen und damit auf einen Bruch mit neoliberaler Politik abzielte, konnte die Partei kräftig zulegen: 2014 hatte das erstmals bei den Wahlen angetretene Parteienbündnis Združena Levica (ZL, Vereinigte Linke), bestehend aus der Initiative für Demokratischen Sozialismus (IDS), der Partei für Nachhaltige Entwicklung (TRS) und der Demokratischen Arbeiterpartei (DSD), ein Ergebnis von 5,97 Prozent der Stimmen und sechs Mandate erreichen können. Bei der aktuellen Wahl konnte die aus dem Bündnis hervorgegangene Levica 9,29 Prozent der Stimmen und damit neun Mandate erreichen. Insbesondere in der Hauptstadt Ljubljana und der Hafenstadt Koper konnte Levica punkten: in fünf Wahlbezirken in Ljubljana und in einem von zwei Wahlbezirken in Koper wurde Levica sogar die stärkste Partei.

Die Sozialdemokraten konnten sich mit einem Ergebnis von 9,92 Prozent (10 Sitze) ebenfalls deutlich verbessern und landeten noch vor der ehemaligen Regierungspartei SMC, die nur 9,75 Prozent der Stimmen erhielt. Der politische Newcomer und zweite Gewinner dieser Wahl war jedoch Marjan Šarec, der mit seiner Liste von Marjan Šarec (LMŠ) 12,66 Prozent der Stimmen und damit 13 Mandate erreichen konnte. Šarec, Bürgermeister der Stadt Kamnik und ehemaliger Komiker, hatte im November letzten Jahres nur knapp die Präsidentschaftskandidatur an Borut Pahor, den amtierenden Präsidenten, verloren und damit einen Achtungserfolg erzielt. Bis Ende April sahen die Meinungsumfragen noch einen möglichen Wahlsieg Marjan Šarecs voraus, dann allerdings begann der schnelle Aufstieg der SDS in den Umfragen.

Die bisher mit 20,7 Prozent zweitstärkste Kraft im Parlament, die rechtspopulistische Slowenische Demokratische Partei unter der Führung von Janez Janša, konnte in den letzten Wahlkampfwochen erheblich an Unterstützung in den Umfragen zulegen. Dies ist nicht zuletzt zurückzuführen auf einen Wahlkampf, der erheblich an die Wahlkampagne Victor Orbáns zwei Monate zuvor erinnerte: Spitzenkandidat Janša versprach etwa, den „bürokratischen Sumpf“ der politischen Eliten austrocknen und Slowenien und Europa gegen illegale Einwanderung schützen zu wollen: „Keine Migranten heißen ein sicheres Slowenien“, erklärte er in einer Wahldebatte und führte Ungarn als Vorbild an. Die SDS wurde in ihrer Kampagne offen von Orbán unterstützt, der u.a. bei einer Wahlkampfveranstaltung auftrat. Zudem wurde Janšas Wahlkampagne durch Investitionen ungarischer Medienunternehmen in Höhe von zwei Millionen Euro in eine Fernsehstation und eine Zeitung der SDS massiv unterstützt.

Der deutliche Wahlsieg der SDS legt den Schluss nahe, dass rechtspopulistische Parteien mit Kampagnen, die sich gegen Migrant*innen, Multikulturalismus und die politischen Eliten wenden, in Europa weiterhin an Unterstützung gewinnen – ähnlich wie auch in den Nachbarländern Österreich, Italien und Ungarn. Zugleich wurde die offene Wahlkampfunterstützung des SDS durch Viktor Orbán in der slowenischen Öffentlichkeit aber scharf kritisiert. Nicht zuletzt der Widerstand gegen solch ein Bündnis zwischen Janša und Orban und den sich abzeichnenden Rechtsruck trug zum guten Wahlergebnis der linken Parteien bei.

Trotz Wahlsieg ist es bei Weitem nicht sicher, dass Janša Premier einer von der SDS geführten Regierung werden wird. Denn außer der christlich-konservativen Partei Neues Slowenien (NSi, 7,13 Prozent, 7 Sitze) und der rechtsextremen Slowenischen Nationalpartei (SNS, 4,2 Prozent, 4 Sitze) haben alle anderen Parteien vor der Wahl ausgeschlossen, mit ihm zu koalieren. Dazu gehören auch die liberale Partei von Alenka Bratušek (5,12 Prozent, 5 Sitze) und die bisher an allen Regierungen beteiligte Rentnerpartei DeSUS (4,91 Prozent, 4 Sitze), die die Hälfte ihrer Stimmen einbüßte. Während die SDS mindestens zwei weitere Parteien für eine Koalitionsregierung benötigen würde, ist es daher nicht unwahrscheinlich, dass eine SDS-geführte Regierung nicht zustande kommen wird. Damit wäre die zweitplatzierte Partei LMŠ am Zuge, eine Koalitionsregierung zu bilden. Dazu müssten allerdings mindestens vier weitere Parteien bereit sein, um die notwendige Mehrheit im Parlament zu erreichen. Slowenien stehen also mit großer Wahrscheinlichkeit mehrere Monate Koalitionsverhandlungen und bei deren Scheitern womöglich sogar Neuwahlen bevor.