Feministische Bewegungen haben in den vergangenen Jahren mit großer Kraft eine zentrale Idee auf die Agenda gesetzt: Gewalt gegen Frauen und queere Menschen in ihren ganz verschiedenen Erscheinungsformen stabilisiert eine Geschlechterhierarchie, die die Betroffenen davon abhält, sich selbst zu entfalten und sich politisch einzubringen, die sie ausschließt und somit ihre Ausbeutung bedingt und ermöglicht. Das bedeutet, dass wir die Verhältnisse ganz grundlegend ändern müssen, damit sie gewaltfrei werden, aber wir müssen auch unsere eigenen, alltäglichen Praktiken reflektieren und erneuern, um darüber die Verhältnisse zu ändern. Überall – in unseren persönlichen, kollektiven und politischen Zusammenhängen, denn kein Raum steht außerhalb der Gesellschaft.
Diese Erkenntnis und diese Forderung haben dazu geführt, dass sich vielerorts Organisationen, Parteien und Institutionen eigene Regeln dafür gegeben haben, wie sie gegen geschlechtsspezifische Gewalt vorgehen wollen.
Nach der im Mai veröffentlichten deutschen Version des Handbuchs der schwedischen Vänsterpartiet (dt. Linkspartei) zum innerparteilichen Feminismus und noch mitten in der #metoo-Debatte in der LINKEN, werden hier zwei Beispiele präsentiert, wie linke Parteien mit sexistischer Gewalt in ihren Reihen umgehen könnten:
Eine Erfahrung aus Argentinien
Bei diesem Dokument von Ciudad Futura, dem größten politischen Block im Stadtparlament von Rosario, handelt es sich um einen kollektiv erarbeiteten Leitfaden, der bei Vorfällen sexistischer Gewalt, an denen Genoss*innen von Ciudad Futura beteiligt sind, Orientierung bietet. Er steckt einen allgemeinen Rahmen gemeinsamer ethischer Kriterien und Strategien für den Umgang mit solchen Situationen ab und dient dazu, für die gesamte Organisation geltende Mechanismen zu entwickeln, durch die sexistische Gewalt abgebaut werden kann. Er behandelt folgende Felder:
- Geschlechtsspezifische Gewalt und ihre Formen
- Allgemeine Kriterien und Verfahrensweisen zum Umgang mit geschlechtspezifischer Gewalt bei Ciudad Futura
- Verschiedene Ebenen von Gewalt und ein möglicher Umgang mit ihnen
- Was verändert werden soll und was nicht geduldet werden darf
- Vorgehen bei Gewaltvorfällen
- Erfassung sexistischer Gewalttaten