Ort qualifizierter Debatten

Die Stiftung hat sich in 25 Jahren zu einer öffentlich wahrgenommenen Institution entwickelt

von Gregor Gysi

Ich blicke auf die Anfänge der Stiftung. Sie gehen auf die Gründung des Vereins »Gesellschaftsanalyse und politische Bildung e.V.« zurück. Es war eine Zeit der Ausgrenzung. Sozialistisch orientierte Bildungsarbeit? Und das sollte auch noch förderungswürdig werden? Auch war in den ersten Jahren äußerst unklar, wie die Stiftung aussehen soll. Die Stiftung war lange Zeit fast vollständig auf ehrenamtliche Mitarbeit angewiesen und ist das in wesentlichem Umfang noch immer. Diese ist sogar notwendig, um den Austausch mit der Gesellschaft zu ermöglichen. Eine umfangreiche öffentliche Förderung setzte erst ein, als die PDS in Fraktionsstärke in den Deutschen Bundestag einzog. Damit waren ein Aufwuchs an angestellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die Vergabe von Studien- und Promotionsstipendien und Auslandsbüros möglich.

 

Die Zwecke der Stipendienvergabe sind nie völlig uneigennützig. Die Stiftung und die ihr nahestehende Partei erhoffen sich so die Vergrößerung ihres intellektuellen Umfeldes. Zuweilen geht das dann auch auf: Ehemalige Stipendiatinnen und Stipendiaten finden sich unter den Mitgliedern der Partei, sie sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Fraktion und der Partei, selbstverständlich auch der Stiftung. Und ein Umfeld entsteht immer auch über diese Organisationskerne hinaus.

Die Stiftung verfolgt drei große Komplexe. Der erste besteht in politischer Bildungsarbeit für eine interessierte Öffentlichkeit. Hier spielt auch der Stiftungsverbund eine wichtige Rolle. Zur Bildungsarbeit gehören auch kommunalpolitisch orientierte Programme. Außerdem arbeitet die Stiftung an ihrem Großprojekt der Transformationstheorie: Wie lassen sich moderne kapitalistische Gesellschaften auf Entwicklungswege bringen, die eine Transformation zu emanzipierteren Lebens- und Praxisformen hin ermöglichen? Ein dritter Komplex ist die internationale Arbeit. Ich habe mehrfach von dieser Arbeit profitieren können. Das erste Büro mit dem Namen Rosa Luxemburgs in den USA habe ich selbst mit etwas Stolz in New York eröffnet.

Viele Abgeordnete der Fraktion und Funktionsträgerinnen und -träger der Partei werden die Stiftung zu schätzen wissen. Sie ist ein Ort, um qualifizierte Debatten zu einem umstrittenen Thema führen zu können. Seien es Fachpolitiken oder eher grundsätzliche Debatten. Für mich war von besonderer Bedeutung die Debatte um das Verhältnis der deutschen Linken zum Staat Israel. Diese Debatte ist nicht beendet, aber sie ist weit vorangekommen. Das ist ein großes Verdienst der Stiftung.

In den 25 Jahren ihrer Existenz hat sich die Stiftung von einem kleinen Häuflein zu einer öffentlich wahrnehmbaren und auch wahrgenommenen Institution entwickelt. Die nächsten 25 Jahre werden diese Entwicklung hoffentlich deutlich stärken.

Dr. Gregor Gysi gehört der Linksfraktion im Deutschen Bundestag an, deren Vorsitzender er bis Oktober 2015 war. Der Jurist ist Mitglied der Rosa-Luxemburg-Stiftung.