Heizungstausch: Mythen und Wahrheiten

Wir stellen das umstrittene Gebäudeenergiegesetz auf den Prüfstand

Wandheizkörper mit Thermostat
Ist Heizen demnächst verboten? In der Auseinandersetzung um das Gebäudeenergiegesetz wird viel mit Kampfslogans und populistischen Verkürzungen gearbeitet. CC BY 2.0, CA-TV/flickr
Uwe Witt ist Volkswirt und Referent für Klimaschutz und Strukturwandel im Institut für Gesellschaftsanalyse der Rosa-Luxemburg-Stiftung. Zuvor arbeitete er als Referent für Klima- und Energiepolitik in der Bundestagsfraktion der LINKEN.

In der Bundesregierung wird weiter darum gerungen, ob das Gesetz zum Heizungstausch noch vor der Sommerpause das Parlament passieren soll. Die FDP würde es am liebsten ganz weghaben, es steht zudem öffentlich unter starkem Beschuss. Dabei ist es längst überfällig, und zwar mit einem klaren Fokus auf die Wärmepumpe und wirksamer sozialer Absicherung. Beides wurde im Vorfeld aufgeweicht bzw. vernachlässigt.

Fragen und Antworten zum Thema:

1. Steht der vorgesehene Heizungstausch per Gesetz zu Recht in der Kritik?

Im Jahr 2019 wurde in den 40,6 Millionen Wohnungen Deutschlands jede zweite Heizung mit Erdgas und jede vierte mit Öl betrieben. Jede Bundesregierung, die das Ziel der Klimaneutralität bis 2045 ernst nimmt, hätte darum schon früher damit beginnen müssen, den Neueinbau von klimaschädlichen fossilen Heizungen – verbunden mit stabilen Übergangs- und Härtefallregelungen – zeitnah gesetzlich zu beenden. Genau das war bislang nicht geschehen. Insofern ist solch ein Gesetz überfällig.

Allerdings kann ein solcher Schritt für etliche Haushalte kurzfristig hohe Zusatzkosten bedeuten, auch wenn in finanzieller Hinsicht zu berücksichtigen ist, dass alte Heizungen ohnehin ersetzt werden müssten. Einkommensärmere Haushalte könnten die Anfangsinvestitionen überfordern oder stärker belasten als wohlhabendere. Vergleichbares gilt für Mieterinnen und Mieter, die über die Umlage der Investitionskosten ebenfalls zur Kasse gebeten werden. Diesen sozialen Aspekt hatte das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) in seinem unter dem grünen Minister Robert Habeck erstellten Entwurf der Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) zunächst völlig unterbelichtet, und hat ihn bis heute nicht überzeugend gelöst.

Die Kritik der FDP am grünen Koalitionspartner ist dabei allerding irrwitzig und populistisch. Sie ist mit dafür verantwortlich, dass das das Erreichen der im Bundesklimaschutzgesetz verankerten Klimaziele permanent in Gefahr ist. Schließlich blockiert sie im Verkehrssektor beinahe sämtliche Maßnahmen, die Treibhausgasemissionen senken könnten, während Habeck zumindest beginnt, im ebenfalls säumigen Wärmebereich ernsthafte Schritte einzuleiten. Zudem blockiert sie die soziale Absicherung der gesamten Energiewende auch dadurch, dass sie höhere Steuern auf hohe Einkommen und Vermögen verhindert, gleichzeitig aber Ausgaben begrenzen will. Dafür wollen die Liberalen die CO2-Bepreisung der EU im Gebäude- und Verkehrsbereich forcieren, was soziale Ungleichheiten weiter verstärken würde.

Am Gebäudebereich zeigt sich besonders deutlich, dass Klimaschutz ohne soziale Gerechtigkeit zum Scheitern verurteilt ist. Die Grünen, die im Fall der GEG-Novelle kein gutes Konzept zur sozialen Absicherung der Wärmewende haben bzw. in der Ampel durchsetzen können, zahlen in der öffentlichen Debatte nun die Zeche dafür. Es bleibt abzuwarten, ob die angekündigten Verbesserungen bei den Zuschüssen und beim Mieterschutz nun ausreichend sein werden.

Aus energiepolitischer Sicht ist der Fokus des BMWK auf die viel diskutierte Wärmepumpe jedoch richtig und muss gegen irrationale Angriffe oder interessegeleitete Kampagnen der Gasindustrie verteidigt werden, was in weiteren Punkten unten weiter ausgeführt wird. Tatsächlich kritisch sind hingegen aus fachlicher Sicht drei Dinge: Erstens ist die Verzahnung mit der kommunalen Wärmeplanung zu schwach. Nah- und Fernwärme, beheizt mit regenerativer Energie (auch mit Großwärmepumpen) werden eine wichtige Rolle gerade bei der Dekarbonisierung von städtischen Gebieten spielen. Zweitens soll Biomasse selbst im Neubau weiterhin in Hybridsystemen mit Wärmepumpen und in Wärmenetzen zum Einsatz kommen. Die ist aber knapp und teuer. Und drittens ist die Hoffnung auf Grünen Wasserstoff als alternative Erfüllungsoption eine gefährliche Sackgasse. Ihn wird es absehbar nicht geben, das geringe Aufkommen benötigen andere Sektoren deutlich dringender, zudem wäre sein ineffizienter Einsatz im Gebäudesektor teure Verschwendung (siehe Punkt 7). So genannter «Blauer Wasserstoff» auf Erdgasbasis, der nach dem Gesetzentwurf ebenfalls eingesetzt werden kann, setzt eine Abscheidung und unterirdische Verpressung des anfallenden CO2 voraus. Ob diese aufwändige und riskante Technologie überhaupt kommen und akzeptiert werden wird, steht in den Sternen.

2. Wie weit ist das Verfahren für den Heizungstausch?

Bislang liegt der Kabinettsbeschluss vom 19.04.2023 der Bundesregierung zur GEG-Novelle vor. Er wurde dem Bundestag zugeleitet, dort aber noch nicht beraten, unter anderem weil es weiterhin Uneinigkeit in der Koalition über etwaige Änderungsanträge während des parlamentarischen Verfahrens gibt.

3. Will die Bundesregierung Gas- und Ölheizungen ab nächstem Jahr verbieten?

Nein. Bestehende Gas- und Ölheizungen können weiter betrieben und repariert werden. Ab 2024 würden aber im Grundsatz fossile Heizungen, die nach Ende ihrer Lebenszeit ausgetauscht werden, mit Heizungen ersetzt werden müssen, die ihre Wärme zu 65 Prozent aus erneuerbaren Energien (EE) beziehen.

Zudem gibt es endlich Vorgaben zum effizienten Einsatz von Heizungen (etwa zum hydraulischen Abgleich), was insbesondere Mieter*innen schützt. Bei der Austauschpflicht sind aber zahlreiche Ausnahmen und Übergangsregelungen vorgesehen. In Härtefällen können Eigentümer*innen gänzlich von der Pflicht befreit werden, beispielsweise Menschen, die Sozialhilfe empfangen, oder auch über 80-Jährige. Näheres ist hier zu erfahren.

4. Inwiefern besteht ein «Heizdiktat» oder «Heizverbot»?

Beides besteht gar nicht, die Begriffe sind Kampfslogans gegen die Wärmewende. Denn natürlich wird heizen nicht verboten, und im Entwurf des GEG es gibt viele unterschiedliche Möglichkeiten, der 65-Protent-EE-Pflicht beim Heizungstausch nachzukommen. Er sieht neben der vieldiskutierten Wärmepumpe auch weitere Heiz-Systeme vor, die die klimaneutralen Vorgaben erfüllen sollen. Pellets, Biomasse, Biomethan, Fernwärme – und leider auch Wasserstoff (siehe Punkt 7). Zudem ist der Anschluss an ein Wärmenetz eine Erfüllungsoption. Die Bundesregierung erklärt die Optionen hier näher.

Natürlich ist das Gesetz Ordnungsrecht und keine Empfehlung, was sonst. Irgendwann auf dem Weg bis zur im Klimaschutzgesetz verankerten Klimaneutralität bis 2045 muss der Restwärmebedarf vollständig auf Basis erneuerbarer Energien gedeckt werden. Bei üblichen Nutzungsdauern von Heizungssystemen von 20 bis 30 Jahren (70 Prozent der Öl- und 60 Prozent der Gasheizungen in Deutschland waren 2019 älter als 20 Jahre) ist es also höchste Zeit, dass künftig keine fossil befeuerten Heizungen mehr eingebaut werden. Wer dagegen grundsätzlich argumentiert, argumentiert gegen das Klimaschutzgesetz und dem ihm zugrundeliegenden Pariser Klimaschutzabkommen. Insofern sind aktuelle Debatten, gegebenenfalls auch anteilig fossile Heizsysteme auf die 65 Prozent-Klausel anrechenbar zu machen, zukunftsfeindlich.

Der Heizungstausch muss aber gerecht erfolgen. Es gibt begründete Kritik daran, ob die von der Bundesregierung nun vorgesehenen Fördermaßnahmen dies gewährleisten können. Leider wird solche berechtigte Kritik häufig mit einem Angriff gegen die Wärmepumpe als zukunftsfähiges Heizsystem verbunden und werden stattdessen teure und ineffiziente Wasserstoffheizungen oder sogar das Warten auf die Kernfusion in der Energiewende propagiert. Einigen wenigen hoffnungslos Verirrten (selbst im linken Lager) ist hier kaum zu helfen. Alle anderen sollten die Fakten mit der Zeit überzeugen.

5. Die Bundesregung setzt vor allem auf die Wärmepumpe. Warum steht sie im Mittelpunkt?

Der Wärmepumpe kommt als Alternative die überragende Rolle zu, weil sie um ein Vielfaches effizienter ist als etwa der Wasserstoffeinsatz im Heizungsbereich (siehe Punkt 7). Ihr Vormarsch wurde von der Politik leider um Jahre verschleppt. Ein Grund, warum nun ein Tempo erforderlich ist, das Planer und Handwerker an ihre Grenzen bringen kann.

Mittels einer Wärmepumpe kann Umweltwärme aus der Luft, dem Boden (mit Kollektoren oder Sonden im Boden), dem Grundwasser oder aus Oberflächengewässern verfügbar gemacht werden. Dafür ist Strom notwendig, um die «Pumpe» zu betreiben. Sie funktioniert wie ein Kühlschrank, nur umgekehrt. Ein flüssiges Kältemittel wird durch das jeweilige Umweltmedium geleitet und verdampft in dem Moment. Dabei wird Wärme aus der Umwelt aufgenommen. Über einen Verdichter wird anschließend das Temperaturniveau so angehoben, dass der Wärmegewinn für Heizzwecke eingesetzt werden kann. Das durch die Wärmeabgabe abgekühlte Kältemittel fließt dann wieder durch das Umweltmedium, der Kreislauf beginnt von neuem.

Mit einer Wärmepumpe wird – je nach Art und Auslegung der Wärmepumpe – zweieinhalb- bis fünfmal so viel Umweltwärme verfügbar gemacht, wie Betriebsstrom für den Verdichter eingesetzt wird. Das Verhältnis beider Energiearten zu einander in Kilowattstunden (gemittelt über die Heizperiode) wird in der «Jahresarbeitszahl» (JAZ) ausgedrückt, heutige Anlagen schaffen hier 2,5 bis 5. Damit ist die Wärmepumpe energetisch die mit Abstand effizienteste Heizungsform.

6. Funktioniert die Wärmepumpe auch im Winter, ist das nicht vielmehr etwas für wärmere Regionen?

Nützlich ist hier ein Blick auf das kalte Skandinavien, es hat europaweit die meisten Wärmepumpen. Laut Europäischem Wärmepumpen Verband (EHPA) heizen in Norwegen 60 Prozent der Haushalte mit einer Wärmepumpe, in Schweden 43 Prozent und Finnland 41 Prozent. Das funktioniert, weil moderne Wärmepumpen auch bei starker Kälte ein Haus mit ausreichend Wärme zu versorgen können, die besten bis zu Temperaturen von minus 29 Grad. Nicht überall sind die Bedingungen der Gebäude dafür optimal, da bei schlechterer Dämmung die Anlagen größer dimensioniert werden müssen. Darum können Wärmepumpen auch in Hybridkombination eingesetzt werden. Ist es besonders kalt, erhalten sie zu Spitzenlasten zusätzliche Unterstützung beispielsweise durch Heizstäbe, was aber nur wenige Dutzend Stunden im Jahr der Fall sein dürfte. Wird später das Haus besser isoliert, springen die Heizstäbe nur noch in Notfällen an.

7. Was ist das mit dieser «Technologieoffenheit», die Teile der Politik ständig fordern? Wäre Wasserstoff nicht genauso gut wie eine Wärmepumpe?

Nach dem GEG-Entwurf darf der Gebäudeeigentümer als Erfüllungsoption eine Gasheizung einbauen, die sowohl Gas als auch 100 Prozent Wasserstoff verbrennen kann (H2-Ready), soweit eine Umstellung des Gasverteilnetzes auf Wasserstoff bis Ende 2034 vorgesehen ist. In dem Fall muss er ab 2030 50 Prozent «grüne Gase» (gasförmige Biomasse oder grüner oder blauer Wasserstoff, einschließlich Derivate) und ab 2035 65 Prozent grünen oder blauen Wasserstoff beziehen. Die Versorger müssten zum Heizungstausch die spätere Belieferung mit diesen Gasen garantieren.

Diese Option ist energiepolitisch irrwitzig. Nicht nur deshalb, weil es 100-Prozent-H2-Ready-Gasheizungen noch gar nicht gibt, und zudem die Versorger die spätere Belieferung mit grünen Gasen nicht garantieren können und werden. Der Hauptgrund ist die gigantische Verschwendung von Ökostrom, die mit Wasserstoff im Heizungsbereich einherginge.

Dr. Jan Rosenow vom interdisziplinäre Forschungsinstitut der Universität Oxford kommt nach Auswertung von mehr als 30 seit 2019 veröffentlichten unabhängigen Studien zum Thema zum Fazit: «Wasserstoff zum Heizen ist ein Ablenkungsmanöver: ineffizient, kostspielig & ressourcenintensiv». Die Studien wurden von renommierten Organisationen wie dem UN-Weltklimarat, der Internationalen Energieagentur oder dem Fraunhofer Institut durchgeführt. Das Heizen mit Wasserstoff werde danach allenfalls eine Nischenlösung darstellen. Rosenow fasst zudem den Stand der Wissenschaft zusammen, nach dem es viele Anwendungen mit hoher Priorität gebe, bei denen der für lange Zeit extrem knappe Wasserstoff - im Gegensatz zum Wärmebereich oder im Automobilsektor - unerlässlich sei. Dazu gehörten der Ersatz der bestehenden fossilen Wasserstoffherstellung und -nutzung durch grünen Wasserstoff (hauptsächlich in der Düngemittelproduktion), industrielle Anwendungen wie Stahlerzeugung, Schifffahrt und die langfristige Energiespeicherung für die Stromerzeugung.

Der Hauptgrund der Ineffizienz von Wasserstoff ist, das «grüner», also mittels Ökostrom im Elektrolyseverfahren hergestellter H2, energetisch sehr verlustreich (und damit auch sehr teuer) erzeugt werden muss. Die Wärmepumpe erzeugt aus der gleichen Menge Energie über fünfmal mehr Wärme als Wasserstoff, der über Brennstoffzellenheizungen oder Wasserstoffheizkessel zum Einsatz kommen soll. Hinter dem Energieeinsatz steht letztlich benötigter Ökostrom. Es geht also um Wind- und Photovoltaikanlagen, um knappe Flächen und Akzeptanz. Auch H2-Importe werden da nicht weiterhelfen, weil sie - falls sie überhaupt im relevanten Maße kommen - wohl nicht einmal dafür ausreichen werden, jene Industrien zu beliefern, die keine Alternative zum H2-Einsatz haben.

Ähnlich wie «grüner Wasserstoff« ist auch «blauer Wasserstoff» ein ungedeckter Scheck. Er wird über Reformation oder Pyrolyse aus Erdgas hergestellt, wobei CO2 anfällt. Die Frage, «wohin mit dem CO2?» ist vollkommen ungeklärt. Dessen unterirdische Verpressung (CCS) ist jedenfalls hoch umstritten.

Ein Nebenaspekt, aber ein relevanter: Wasserstoff ist extrem flüchtig (es ist das kleinste Molekül) und in Verbindung mit Luft hoch explosiv. Da es allein aus Sicherheitsgründen recht unwahrscheinlich sein wird, dass es ein flächendeckendes Wasserstoffverteilnetz bis zum Hausanschluss geben wird, ebenso wenig wie Wasserstofftanklaster, die Wasserstofftanks in privaten Heizungskellern befüllen, müsste Wasserstoff im Gebäudesektor über Druckflaschen geliefert und gelagert werden. Aufgrund des geringen volumetrischen Energiegehalts von H2 wären nach Berechnungen des Energiewissenschaftlers Stefan Holzheu von der Uni Bayreuth bei einem Wärmebedarf von 20.000 kWh (entspricht dem Brennwert von 500 kg H2), um Erdgas mit H2 zu ersetzen, rund 250 (!) solcher Druckflaschen nötig, wie wir sie optisch von Schweißarbeiten kennen. Wo sollten die gelagert werden? Wer wechselt in der Heizperiode täglich die Flaschen?

Aus all den genannten Gründen hat beispielsweise DIE LINKE in ihrem Bundestagswahlprogramm (BTWP) genauso wie die Rosa-Luxemburg-Stiftung in ihren Studien und Analysen die Nutzung von Wasserstoff im Gebäudewärmebereich (wie auch in PKWs) strikt ausgeschlossen. Im BTWP heißt es beispielsweise unmissverständlich: «Strategien, künftig auch Autos und Gebäudeheizungen mit Wasserstoff zu betreiben, sind weder sozial noch ökologisch: Seine Herstellung verbraucht zu viel Energie.»

Im Übrigen sollte die GEG-Novelle den Verbraucher*innen, aber auch der Heizungswirtschaft und den Ausbildungsstätten eine klare Orientierung dafür bieten, welche Heizoptionen langfristig tatsächlich verfügbar und bezahlbar sind. Nur so werden neue Produkte richtungssicher entwickelt und Fachkräfte entsprechend ausgebildet. Die Nebelkerze „Wasserstoff“ verhindert all dies.

Kein Wunder, dass aktuell Verbände in einem gemeinsamen Aufruf das Heizen mit Wasserstoff als «Scheinlösung» sehen. Das Bündnis aus Fachverbänden, Verbraucherschützern, Gewerkschaftern und Umweltorganisationen warnt vor dem Einbau wasserstofffähiger Gasheizungen. «Angesichts der immer drängender werdenden Klimakrise bleibt keine Zeit, auf Scheinlösungen zu setzen und mit ihnen zu rechtfertigen, dass über viele Jahre weiter mit Erdgas geheizt wird», so das Papier. Deshalb solle die Wasserstoffoption aus dem Reformvorschlag für das GEG gestrichen werden.

8. Aber Ökostrom steht doch bald unbegrenzt zur Verfügung! Was soll das dann mit den Wirkungsgraden bei Debatte «Wärmepumpen versus Wasserstoff»?

Ökostrom wird stets eine knappe Ressource bleiben. Denn um ihn zu ernten, braucht es Windkraft-und Photovoltaikanlagen. Die Flächen dafür sind genauso begrenzt, wie die Rohstoffe für ihre Herstellung. Darum ist ein zentraler Aspekt der Energiewende, Ökostrom effizient einzusetzen, und nicht zu verschwenden. Genau das passiert aber, wenn Grüner Wasserstoff statt Wärmepumpen in der Wärmewende zum Einsatz kommen (siehe Punkt 7).

9. Brauche ich nicht sanierte Häuser, damit Wärmepumpen funktionieren?

Lange Zeit war Konsens: Bevor ich eine Wärmepumpe einbaue, muss ich das Haus energetisch sanieren und u.a. Flächenheizungen auf Niedertemperaturbasis installieren. Das ist seit wenigen Jahren glücklicherweise Geschichte. Natürlich lassen sich Wärmepumpen wirtschaftlicher in Gebäude integrieren, die solcherart Modernisierung hinter sich haben. Das gilt aber für jede Art von Heizung. Vor allem erreichen neue Wärmepumpen-Systeme höhere Vorlauftemperaturen. Somit sind weder Flächenheizungen, noch vollständig sanierte Gebäude Voraussetzung für ihren Einbau. Diverse Feldtests des Fraunhofer-Institutes haben ergeben, dass moderne Wärmepumpen selbst in Häusern, die in einem sehr schlechten energetischen Zustand sind, immer noch mit einer Effizienz mit einer Jahresarbeitszahl von 3 laufen können.

Nach einer Studie von Fraunhofer ISE, Öko-Institut und RAP eignet sich die Hälfte der Bestandsgebäude auch ohne Sanierungsmaßnahmen für den Einsatz von Wärmepumpen. Weitere 20-30 Prozent der Gebäude bräuchten nur überschaubare Sanierungsmaßnahmen, um eine effiziente Betriebsweise der Wärmepumpen zu ermöglichen. Der Rest habe eine so schlechte Energieeffizienz, dass unabhängig von der Heizungsart eine Sanierung dringend zu empfehlen ist.

Wurden in einem Gebäude bislang keine, oder nur wenige Maßnahmen zur Verringerung der Heizlast umgesetzt, so ist es nach der Untersuchung immer sinnvoll, zunächst die Gebäudedämmung zu verbessern. Zeitlich könne die Installation der Wärmepumpe allerdings auch vor den Wärmeschutzmaßnahmen erfolgen. Mit der so genannten Invertertechnik könne eine Wärmepumpe über ein breiteres Leistungsband effizient laufen. Nach einer Sanierung laufe die Wärmepumpe an den kältesten Tagen dann einfach nicht mehr unter voller Auslastung.

Auch Hybridsysteme, etwa Wärmepumpen mit installierten Heizstäben zu Unterstützung bei besonders kalten Witterungen, wie in Punkt 6 beschrieben, können zur Anwendung kommen.

10. Kann ich Grünen Wasserstoff nicht einfach dem Gasnetz beimischen, und somit Klimaschutz betreiben?

Diese Möglichkeit – wäre sie angesichts des H2-Mangels realistisch – lässt den Kernaspekt außer Acht: Die oben erläuterte enorme Inneffizienz von Grünem Wasserstoff zur Wärmeerzeugung im Gebäudebereich. Zudem gibt es technische Hürden: Die Gasbrenner der Heizkessel in den Gebäuden müssten ab einem bestimmten H2-Anteil im Netz jeweils gleichzeitig für große Versorgungsgebiete umgestellt werden, und ab einem bestimmten Anteil von Wasserstoff im Verteilnetz wären bestehende Heizkessel unbrauchbar.

Gegen Wasserstoff im Verteilnetz sprechen auch ökonomische Gründe, wie das Öko-Institut in einer Studie anführte: Sollten sich im Zuge des Übergangs zu einer klimaneutralen Wärmeversorgung die Auslastung von Gasnetzen durch ggf. attraktivere Optionen (Fernwärme, Nahwärme, Wärmepumpen etc.) signifikant verringern, so würden auch Wasserstoffanwendungen über das Gasnetz wirtschaftlich noch weniger attraktiv. Kein Wunder, denn der Wasserstoffbedarf dieser (Nischen-)Anwendungen könnte vom Volumen kaum jenes Gas ersetzen, welches durch fortschrittliche Heizsysteme wegfällt. Ein weniger ausgelastetes und dauerhaft weiterbetriebenes Gasnetz ist aber für alle Nutzer teurer, also eine zusätzliche wirtschaftliche Bürde. Nicht nur weil sich die Fixkosten anders verteilen, sondern auch, weil es baulich an weniger Durchfluss und höhere Wasserstoffanteile angepasst werden müsste.

Fossiler auf Kohlebasis produzierter Wasserstoff war einst übrigens in hohen Anteilen neben dem Kohlemonoxid, Stickstoff und Methan tatsächlich Bestandteil des hochgiftigen so genannten «Stadtgases», etwa in Berlin. Die Umstellung auf Erdgas in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, welches auch einen höheren Brennwert hat, hat Jahre gedauert, da u.a. entsprechende Brenner ausgetauscht werden mussten.

11. Aber was hat es dann mit den neuen Gasheizungen auf sich, die «Wasserstoff-Ready» sein sollen?

Genau, auch das ist eine Nebelkerze, gezündet von der Gaswirtschaft, und durchgedrückt in den Gesetzentwurf von der FDP in der Koalition. Diese Erfüllungsoption ist nicht nur energiewirtschaftlicher Unsinn, sondern wäre auch eine Kostenfalle. Würde später tatsächlich mit Wasserstoff geheizt, wären die Kosten für die Verbraucher*rinnen enorm, da Grüner Wasserstoff auch nach den 30er Jahren nicht nur extrem knapp sein wird, sondern auch sehr teuer. Überdies vertagen Heizkessel, die Firmen heute als «Wasserstoff-Ready» anbieten, nur 20 bis 30 Prozent H2-Beimischung, würden also weder die 100-Prozent-Vorgabe des GEG bei der Verbrennung, noch dessen 65-Prozent-EE-Quote erfüllen.

Letztlich geht es der Erdgaslobby darum, mit den Erdgasnetzen weiter ein Geschäft machen zu können, welches ansonsten schrittweise zurückgebaut werden müsste. Mit dieser Strategie wird darauf gesetzt, die Wärmewende zu blockieren, um noch so lange wie möglich Erdgas verfeuern zu können. Denn natürlich ist auch der Gaswirtschaft klar, dass Wasserstoff im Wärmebereich nicht mehr als ein teures Nischenprodukt sein wird.

Allerdings folgen nicht alle Unternehmen der Propaganda. Eben hat der größte deutsche Heizungsbauer, die Firma Thermondo, verkündet, aus dem Geschäft mit fossilen Heizungen auszusteigen. Gas und Öl hätten ökonomisch keine Zukunft.

12. Ein absehbarer Anschluss an ein grünes Wärmenetz gilt ab 2024 als Erfüllungsoption beim Heizungstausch. Aber gibt es bis dahin überhaupt kommunale Wärmepläne?

Sie wird es im nächsten Jahr wohl kaum geben. Das ist auch ein Schwachpunkt der geplanten GEG-Novelle bzw. der Bundespolitik. Denn der absehbare Anschluss an neue Wärmenetze, die das 65-Prozent EE-Kriterium erfüllen (oder über einen entsprechenden Transformationsplan), soll ja als eine der Erfüllungsoptionen beim Heizungstausch gelten. Ein zentrales Instrument dafür, zu wissen, wo und wann ein Wärmenetz zu erwarten ist, welches die GEG-Anforderungen erfüllt, wäre eben die kommunale Wärmeplanung. Sie ist etwa in Dänemark, einer der Wärmewenden-Vorreiter in der EU, seit Jahren gesetzlich vorgeschrieben. In Deutschland wurde sie hingegen genauso lange verschleppt. Das Bau- und Wirtschaftsministerium arbeiten aktuell angeblich gemeinsam «mit Hochdruck» an gesetzlichen Grundlagen solcher Planungen. Falls sie wirklich kommen, brauchen die Kommunen noch Zeit, sie umzusetzen. Darum würde es vor allem in den ersten Jahren an einer schlüssigen Verzahnung zwischen Heizungstausch und Wärmeplanung leider mangeln.

13. Biomasse ist auch CO2-neutral, sollte man nicht stärker auf sie setzen?

Das Potential zur nachhaltigen Nutzung von Holz, Biogas oder Pflanzenöl in Deutschland ist begrenzt und kann nur noch wenig gesteigert werden. Ihre Nutzung geht auf Kosten des Anbaus von Nahrungsmitteln und der Biodiversität. Insbesondere könnte das zu einer fahrlässigen Übernutzung der Wälder führen. Biomasse soll nach dem Kabinettsbeschluss aber selbst im Neubau weiterhin in Hybridsystemen mit Wärmepumpen und in Wärmenetzen zum Einsatz kommen. Jedoch gerade im Neubau gibt es überzeugendere Alternativen. Gut isolierte Gebäude haben einen niedrigen oder gar keinen Restwärmebedarf. Dieser kann gegebenenfalls mit Wärmepumpen oder ortsnaher Solarthermie gedeckt werden. Zwar kann und soll die Nutzung von biogenen Rest- und Abfallstoffen gesteigert werden, aber auch das stößt schnell an Grenzen.

Im Übrigen ist auch die Biomassenutzung in der Regel nicht CO2-neutral. Die Erzeugung von Biogas erfordert Düngemittel und erzeugt Transportaufkommen. Beide Prozesse sind mit relevanten Treibhausgasemissionen verbunden. Holz müsste eigentlich vor allem im Bausektor Beton ersetzen, um diesen CO2-intensiven Baustoff zurückzudrängen, statt im Wärmebereich verfeuert zu werden. Die Übernutzung von Wäldern zum Verfeuern raubt uns wertvolle CO2-Senken und schadet der biologischen Vielfalt.

14. Heizungsumstellung spart bis 2030 nur 1,4 Prozent Treibhausgase, lohnt das überhaupt?

Private Haushalte verursachen im Wärmebereich rund 15 Prozent der gesamten Treibhausgasemissionen Deutschlands. Sie müssen auf praktisch null reduziert werden. Die Umstellung der Heizsysteme in den Gebäuden selbst ist dabei nur eines von drei zentralen Handlungsfelder der Wärmewende. Diese umfassen neben dem Ende der fossilen Wärmeversorgung mit Öl- und Gaskesseln zum einen noch die energetische Sanierung von Bestandsgebäuden und Neubauten mit Nullemissionen, zum anderen den Ausbau und die Dekarbonisierung von Wärmenetzen.

Auch bei den beiden letztgenannten Elementen wurde viel Zeit verloren, da die bisherigen Bundesregierungen hier auf der Bremse standen. Und Teile der jetzigen tun es schon wieder. So hält Bauministerin Klara Geywitz (SPD) die vorgesehenen EU-Regelung für energetische Mindeststandards für Gebäude, kurz MEPS (Minimum Energy Perfomance Standards) genannt, für nicht mit dem Grundgesetz vereinbar. Und FDP-Justizminister Marco Buschmann hält sie für einen «Kostenhammer» - ein gern genutzter Kampfbegriff, um Klimaschutz über Ordnungsrecht zu torpedieren.

Gleichwohl die Kosten von interessierter Seite gern instrumentalisiert werden, geht es bei der Wärmewende um Verteilungsfragen enormen Ausmaßes. Werden sie nicht gelöst, wird das Vorhaben scheitern. DIE LINKE hat deshalb im April fünf Maßnahmen für ein Sofortpaket Wärmewende formuliert.

Klar ist, es gilt keine Zeit mehr zu verlieren, auch nicht beim schrittweisen Ausstieg aus den Öl- und Gasheizungen, um spätestens 2045 einen klimaneutralen Gebäudebestand zu haben. Dass sich die Treibhausgasemissionen bis 2030 durch die Heizungsumstellung nur um 1,4 Prozent reduzieren, liegt vor allem daran, dass wir infolge der bisherige Verzögerung der Wärmewende nach den Plänen der Bundesregierung bis dahin erst sechs Millionen Wärmepumpen haben werden (bei 33 Millionen Feuerungsanlagen in Deutschland). Wer bis dahin einen mehr Klimaschutz im Wärmebereich möchte, müsste den Vormarsch der Wärmepumpe beschleunigen, nicht bremsen.

15. Eignen sich Wärmepumpen auch für Mehrfamilienhäuser?

Ein- und Zweifamilienhäuser decken in Deutschland 59 Prozent der gesamten Wohnfläche ab. Es wäre fatal, wenn sich in den restlichen 41 Prozent, also den Mehrfamilienhäusern, Wärmepumpen nicht nutzen ließen. Doch das ist nicht der Fall. Nach Untersuchungen eines Verbundvorhabens namens «LowEx-Bestand» sind dafür verschiedene Varianten möglich. So können zentralisierte Wärmepumpen-Systeme für das gesamte Gebäude eingesetzt werden. Möglich ist auch eine Kombination aus zentraler und dezentraler Wärmepumpen-Versorgung. Es gibt Wärmepumpen für eine Wohneinheit oder für mehrere Wohneinheiten sowie Wärmepumpen für einzelne Wohnungen oder einzelne Räume.

In geballten städtischen Gebieten dürften die Flächen für Luft-Wärmepumpen oder das Setzen von Erdsonden die eigentliche Herausforderung sein. Hier können aber Großwärmepumpen und Wärmespeicher, die an Wärmenetze angeschlossen sind, Auswege bieten.

16. Gibt es für den Wärmepumpen-Einbau genügend Fachkräfte?

Der Fachkräftemangel ist ebenfalls eine Herausforderung, aber keine unlösbare. Es geht um den Einbau von rund 500.000 Wärmepumpen pro Jahr ab 2024. Nach Angaben des Branchenverbandes wurden 2022 in Deutschland schon 236.000 Wärmepumpen eingebaut; viermal mehr als 2021. Frankreich installierte 463.000, Italien 502.000. In den USA waren es über 4 Millionen, also 17-mal so viel wie Deutschland, gleichwohl das Land nur viermal so viel Einwohner*innen hat. In Deutschland gibt es knapp 50.000 Betriebe und fast 400.000 Beschäftigte im Sanitär- und Heizungsgewerk. Wenn jeder Betrieb nur eine Wärmepumpe im Monat installieren würde, wären wir bei mehr als 600.000 neuen Wärmepumpen im Jahr – mehr als geplant.

Eine Studie im Auftrag des Bundesverbandes Wärmepumpe kommt dann auch für Deutschland zum Ergebnis, die Branche kann die Wärmepumpen-Ausbauziele der Bundesregierung einschließlich der Installation schaffen. Nach Angaben von Agora Energiewende lag im Jahr 2021 Deutschland im Vergleich zu den Vorreiterländern Norwegen und Finnland beim Wärmepumpenabsatz etwa um einen Faktor zehn niedriger. Andere nordeuropäische Länder wie Estland, Litauen, Dänemark und Schweden hätten einen mehr als fünfmal so hohen spezifischen Marktabsatz wie Deutschland. Und diese Geräte werden dort nicht gehortet, sondern von Handwerker*innen installiert.

17. Kann Deutschland überhaupt genug Strom für so viel Wärmepumpen liefern?

Natürlich, Wärmepumpen brauchen Strom. Der Bedarf dafür muss durch den Ausbau von Ökostromanlagen gedeckt werden. Er ist aber überschaubar und bereits in den Ausbauplänen der Bundesregierung berücksichtigt. Der zusätzliche Strombedarf für den anvisierten Bestand von 6 Millionen Wärmepumpen im Jahr 2030 beträgt (einschließlich Großwärmepumpen und Trinkwasserwärmepumpen) rund 45 Terawattstunden (TWh). Das macht rund acht Prozent des heutigen Stromverbrauchs aus.

Wie gezeigt, würde sich der Stromverbrauch zum Heizen hingegen vervielfachen, sollten an Stelle von Wärmepumpen wasserstoffbasierte Heizungen zum Einsatz kommen. Das würde enorme Herausforderungen an die Elektrizitäts-Infrastruktur bedeuten. Dies sollte berücksichtigen, wer den für Wärmepumpen erforderlichen Ausbau vieler Verteilnetze kritisiert und gleichzeitig für Wasserstoff wirbt.

Die 782.000 bislang hierzulande installierten Wärmepumpen verbrauchen übrigens nur 5 TWh.

18. Beim heutigen Strommix mit noch hohen Kohleanteilen verursachen Wärmepumpen mehr Treibhausgase als Gasheizungen, oder?

Unsinn. Bereits heute sparen selbst Wärmepumpen mit einer eher schlechteren Jahresarbeitszahl von 2 (neue Anlagen liegen in der Regel bei 3 und mehr) Treibhausgase gegenüber fossilen Heizungen ein (siehe Grafik). Die THG-Einsparungen erhöhen sich über die Lebenszeit der Anlagen mit der ansteigenden Ökostromquote, weshalb auch ein früherer Einbau sinnvoll war.

Um das Verhältnis von Stromemissionsfaktoren und Treibhausgaseinsparungen beim Einsatz von Strom in verschiedenen Anwendungen darzustellen, hat Stefan Holzheu einen sehr anschaulichen interaktiven CO2-Rechner gebaut (siehe auch Bildschirmfoto). Aus ihm ergibt sich beispielsweise, dass erst ab einem Stromemissionsfaktor von rund 175 g CO2/kWh mit Elektrolyse-Wasserstoff befeuerte Heizkessel überhaupt beginnen würden, einen Beitrag zum Klimaschutz leisten, also erst in einigen Jahren. Und das mit einem Vielfachen Energieverbrauch gegenüber Wärmepumpen.

Bildschirmfoto: Teil des interaktiven CO2-Rechners von Stefan Holzheu, Uni Bayreuth. 
 
Erklärung: «WP/Gastherme» beispielsweise bedeutet den Ersatz einer Gastherme durch eine Wärmepumpe («WP»). Durch den Wechsel werden in diesem Beispiel 291 kg CO2e je 1000 kWh Stromeinsatz (etwa heutiger Strommix) eingespart. Eine Heizung auf Wasserstoffbasis als Ersatz würde hingegen 277 kg CO2e zusätzlich bedeuten. Der in der Überschrift angegeben Wert von «450 g /kWh» ist der durchschnittliche Stromemissionsfaktor, angegeben in Gramm CO2-Äquivalent je Kilowattstunde. Er lag in Deutschland 2022 tatsächlich bei 432 g CO2e/kWh, bei einer Ökostromquote von rund 46,2 Prozent.

19. Macht die Wärmepumpe im Klimaschutzes wirklich Sinn? Schließlich scheint im Winter die Sonne wenig, da geht doch deutlich mehr emissionsstarker Kohlestrom in die Wärmepumpen, oder?

Falsch, denn dafür weht im Winter mehr Wind, die Erzeugung gleicht sich gut aus (siehe Grafik). Nach Angaben von Stefan Holzheu lag der mittlere Stromemissionsfaktor in der Heizperiode von Oktober 2021 bis März 2022 bei 444 g/kWh, also sehr nahe beim mittleren Stromemissionsfaktor für ein ganzes Jahr (2022 z.B.: 432 g/kWh).

Abbildung: Wind und Sonne gleichen sich in Kombination gut aus. Quelle: Deutscher Wetterdienst (dwd)
 
Erklärung: Der Kapazitätsfaktor einer Windkraft- oder PV-Anlage ist ein Maß für die Auslastung dieser Anlage. Er beschreibt die durchschnittliche Leistungsabgabe der Anlage über einen definierten Zeitraum im Verhältnis zu der maximal möglichen Leistungsabgabe der Anlage. Im Bild ist der mittlere Kapazitätsfaktor aller jeweiligen Windkraft (blau) bzw. PV-Anlagen (rot) in Deutschland für den Zeitraum 1995 bis 2015 dargestellt. In Kombination beider Erzeugungstypen (schwarz) sind die Schwankungen weitaus geringer.
 

20. Würde Deutschland einen Sonderweg in Europa beschreiten, wenn wir auf Wärmepumpen setzen?

Nein, wir würden eher die rote Laterne abgeben, die wir uns mit Großbritannien teilen. Andere Länder haben die Vorzüge der Technologie längst erkannt. Eine Statistik der European Heat Pump Association (EHPA) verdeutlicht dies:

Quelle: www.enercity.de

21. Und die Kosten? Wer bezahlt die teure Wärmepumpe?

Da die Austauschpflicht erst greift, wenn die alte fossile Heizung wirklich hinüber ist, müssen die Neuanschaffungspreise von Wärmepumpen mit denen von Gasheizungen vergleichen werden. Allgemein ist eine Wärmepumpe gegenüber einer Gasheizung deutlich teurer in der Anschaffung, aber wiederum deutlich preiswerter im Betrieb. Die Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) rechnet in einer Beispielrechnung mit einem Preis von 35.000 Euro für eine neue Luft-Wärmepumpe und deren Installation. Das dürfte für ein Einfamilienhaus recht hoch gegriffen sein, es gibt auch Informationen von Kosten unter 30.000 Euro und weniger.

Im Rechenbeispiel des VZBV gehen von den 35.000 Euro 40 Prozent staatliche Zuschüsse ab. Die realen Kosten für die Hauseigentümer*in würden also bei 21.000 Euro liegen. Demgegenüber schätzt der VZBV die Kosten einer neuen Gasheizung auf 5.000 Euro. Die Wärmepumpe wäre in der Anschaffung also 16.000 Euro teurer. Bei den Betriebskosten ist es umgekehrt: Der VZBV hat hier einen Wärmepumpentarif der Stadt Münster und einen Stromverbrauch der Wärmepumpe von 7.000 kWh veranschlagt, was Kosten von 2.200 Euro im Jahr ergibt. Bei der Gasheizung wären für 25.000 kWh Erdgas zu angenommen 12 Cent je KWh 3.100 Euro fällig. Die Differenz von 900 Euro im Jahr bedeutet, dass in diesem Beispiel der Betrieb der Wärmepumpe nach 18 Jahren die Mehrkosten der Anschaffung ausgeglichen hätte.

Nicht berücksichtigt in dieser fiktiven Rechnung sind Reparatur- und Wartungskosten. Zudem fanden die steigenden CO2-Preise aus dem kürzlich von der EU beschlossenen Emissionshandel für Wärme und Verkehr keine Beachtung, welche die Rechnung weiter zu Gunsten der Wärmepumpe verschieben würden.

Ähnlich wäre die Wirkung, wenn die staatlichen Zuschüsse für Wärmepumpen erhöht würden. Die Bundesregierung sollte hier aber nicht wieder mit der Gießkanne arbeiten, sondern nach Einkommen und Vermögen staffeln, wie es auch DIE LINKE fordert. So könnte der Heizungsersatz für einkommensärmere Haushalte deutlich höher bezuschusst werden als für reichere, sehr Vermögende bräuchten gar keine staatliche Unterstützung. Dies wäre wichtig, weil die hohen Anfangsinvestitionen einer Wärmepumpe insbesondere einkommensarme Haushalte überfordern könnten.

22. Was muss für die Mieter*innen getan werden?

Nach dem Entwurf der GEG-Novelle sollen Mieter*innen vor einer Belastung mit den Mehrkosten geschützt werden, die aus der vollständigen oder anteiligen Nutzung von Heizungen mit Biomethan oder Wasserstoff herrühren. Sie gelten wegen der absehbaren Knappheit schließlich potentiell als Kostenfalle. Der Schutz geschieht dadurch, indem die Vermieter*innen Brennstoffkosten nicht auf ihre Mieter*innen umlegen können, die den Betrag übersteigen, der zur Erzeugung derselben Menge an Heizwärme mit einer hinreichend effizienten Wärmepumpe anfallen würde. Als hinreichend effizient sollen hier Wärmepumpen mit JAZ 2,5 gelten. Der VZBV fordert hier eine Korrektur auf JAZ 3, was für die Mieter*innen Kosten sparen würde.

Zudem sollen Mieter*innen mit der GEG-Novelle umgekehrt vor hohen Stromkosten geschützt werden, die als Folge des Einbaus einer Wärmepumpe in ein Bestandsgebäude mit nicht ausreichender Energieeffizienz drohen, weil die Wärmeverluste sehr hoch oder die Wärmeübergabe und -verteilung nicht auf den Betrieb einer Wärmepumpe ausgelegt sind. Nach dem Entwurf ist einer der Kriterien, dass die Wärmpumpe in dem Gebäude mindestens die JAZ 2,5 erreichen können muss. Ansonsten kann der/die Vermieter*in nur 50 Prozent der umlagefähigen Kosten geltend machen. Auch das macht grundsätzlich Sinn. Letzteres dürfte in der Praxis aber nur für sehr schlecht gedämmte Gebäude gelten (siehe Punkt 9).

Der Deutsche Mieterbund (DMB) macht darauf aufmerksam, dass nach aktuellem Recht Vermieter*innen nach einer Modernisierung die jährliche Grundmiete bei Einhaltung von Kappungsgrenzen von 2 bzw. 3 Euro pro Quadratmeter um acht Prozent der aufgewendeten Investitionskosten dauerhaft erhöhen können - dazu gehöre auch der Heizungsaustausch. Er will, wie  übrigens auch DIE LINKE, die Möglichkeit der Modernisierungsmieterhöhung abschaffen und beispielsweise im Rahmen einer Teilwarmmiete auflösen. Zumindest müsse die Mieterhöhungsumlage auf vier Prozent der Kosten gesenkt und bei höchstens 1,50 Euro pro Quadratmeter gekappt werden, so der DMB. Zudem seien konkrete Anforderungen an die energetische Qualität der Maßnahme zu knüpfen und die Antragsstellung auf mietsenkende Fördermittel zu berücksichtigen.

Bis zur Abschaffung der Modernisierungsumlage wäre aus Sicht der Mieter*innen zudem eine gesetzliche Regelung wichtig, nach der die Vermieter*innen nur jenen Anteil der Investitionen beim Heizungstausch auf die Mieter*innen umlegen könnten, der nicht durch aktuelle Förderprogramme abgedeckt ist. Und zwar unabhängig davon, ob die Fördermittel in Anspruch genommen wurden oder nicht. Das würde der aktuellen Praxis entgegenwirken, nach dem der Großteil der Vermieter*innen keine Fördermittel in Anspruch nimmt, weil die Investitionskosten ohnehin auf die Mieter*innen umgelegt werden können. Hier muss die Bundesregierung nachbessern.

23. Wie hoch soll der Heizungstausch nach den Plänen gefördert werden?

Die Bundesregierung plant derzeit beim Heizungstausch eine Grundförderung von 30 Prozent. Dazu kann es sogenannte «Klimaboni» geben, womit die Förderung auf bis zu 50 Prozent ansteigen kann:

Klimabonus I: Wer über 80 Jahre alt ist oder einkommensabhängige Sozialleistungen empfängt, erhält eine zusätzliche Förderung in Höhe von 20 Prozent, sollte die Eigentümer*in, obwohl sie von der Austauschpflicht befreit ist, die Heizung dennoch wechseln.

Klimabonus II: Einen Bonus von zusätzlichen 10 Prozent soll es geben, wenn der Austausch der Öl- oder Gasheizung mindestens fünf Jahre vor dem Datum der gesetzlichen Austauschpflicht erfolgt. Danach gibt es den Bonus nur, wenn der Anteil der erneuerbaren Energien bei mindestens 70 Prozent liegt.

Klimabonus III: Er beträgt 10 Prozent zusätzlich zur Grundförderung und wird für Havariefälle gewährt, also für Heizungen, die jünger als 30 Jahre sind und die irreparabel kaputtgegangen sind. Voraussetzung ist, dass die neue Heizung mit mindestens 65 Prozent erneuerbaren Energien betrieben wird.

Ergänzend werden Förderkredite für den Heizungstausch angeboten, um ein Angebot zu schaffen, bei dem die finanziellen Belastungen zeitlich gestreckt werden.

Alternativ zu den Fördermaßnahmen gibt es die Möglichkeit einer Förderung über die Steuerermäßigung für energetische Maßnahmen bei zu eigenen Wohnzwecken genutzten Bestandsgebäuden in Höhe von 20 Prozent.