Hans Gugelot wird 1920 in Indonesien geboren, wohnt dann mit seinen Eltern in den Niederlanden, 1934 ziehen sie in die Schweiz. Mit Max Bill geht der ausgebildete Architekt 1954 an die neu gegründete Hochschule für Gestaltung (HfG) in Ulm. Bill ist deren Rektor. Als Gugelot 1965 an einem Herzinfarkt verstirbt, ist er einer der bekanntesten deutschen Designer und hat dieses Berufsbild mit entwickelt und geprägt. Anlässlich seines 100. Geburtstages hat das HfG-Museum eine Ausstellung vorbereitet und eine dazugehörige Publikation vorgelegt.
Bernd Hüttner ist Referent für Zeitgeschichte und seit 2006 Koordinator des Gesprächskreises Geschichte der Rosa-Luxemburg-Stiftung.
In den elf Jahren seiner Arbeit in Ulm, die in Westdeutschland ungefähr der Phase zwischen dem Ende der Nachkriegszeit und der Vorphase von «1968» entsprechen, wirkt Gugelot als Hochschullehrer, aber noch mehr als Produktgestalter. Er entwirft zahlreiche Industriegüter für führende Hersteller, v.a. bis 1960 für die Firma BRAUN: Phonogeräte, Rasierapparate, Möbel, Nähmaschinen, Diaprojektoren, aber auch Züge für den Nahverkehr. Gugelot steht wie die HfG Ulm insgesamt, für ein «Entwerfen» und «Gestalten», das nun nicht mehr als «Kunst», sondern als arbeitsteiliger, wissenschaftlicher Prozess verstanden, und nun «Design» genannt wird. 1962 bezieht er an der HfG sein eigenes Institut, und kurz vor seinem Tod mit seiner Entwicklungsgruppe separate Räume. Die Arbeiten für die Industrie und die Ausbildung der Studierenden sollen stärker getrennt werden. Bislang waren diese beiden Bereiche immer zusammen und ineinandergreifend gedacht und praktiziert worden.
Die neun Beiträge der Ausstellungspublikation stellen Gugelot und seine Arbeiten ebenso detailliert vor, wie das private und akademische Leben an der HfG. Ein Artikel referiert seine Kontakte nach Indien und seine Bedeutung für die Gestaltungsausbildung dort. Die HfG Ulm war dort ein Vorbild. Ein Beitrag berichtet über Malke Gugelot (1927-2015), die Ehefrau des Designers. Sie arbeitet 1956 kurz für Inge Aicher-Scholl, die berühmte Mitgründerin der Hochschule, widmet sich dann aber der Familie und der Unterstützung ihres Mannes. Der Beitrag zeigt zum einen die Community der Schule, die u.a. wegen der Campus-Situation mit u.a. drei Doppelhäusern für DozentInnen, zu engen und freundschaftlichen Beziehungen führte und zweitens, wie in den 1950er Jahren Frauen zwischen der (privaten) traditionellen Rolle und den avantgardistischen Ansprüchen (des akademischen Milieus) vermitteln mussten und dann meist doch gezwungen waren, sich auf die Familie zu beschränken.
Gugelot war wohl Workaholic, und eher Architekt als Pädagoge, am erfolgreichsten ist er als Designer. Normen und Funktionalität einerseits und Freiheit und Variabilität andererseits schließen sich für ihn nicht aus, sondern bedingen sich vielmehr gegenseitig. Ziel seiner Tätigkeit, wie auch der meisten anderen an der HfG Ulm, sind (industrielle) Produkte, die «der Gesellschaft in kultureller und sozialer Hinsicht dienen» (Gugelot). Von 1957 bis zu seinem Tod begleitet Gugelot überraschenderweise nur 22 Diplomarbeiten und -abschlüsse. 1974 wird in Eching bei München die erste IKEA Filiale eröffnet. Die am Bauhaus orientierte Grundlehre war in Ulm 1960 bereits abgeschafft worden.
Die Eröffnung der Ausstellungist in Ulm aus bekannten Gründen verschoben. Die Wartezeit bis zum neuen Eröffnungstermin verkürzt der Trailer zur Ausstellungvon Oleg Kauz, der einen sehr guten Eindruck über die Ausstellung vermittelt.
HfG-Archiv / Museum Ulm, Christiane Wachsmann (Hrsg.): Hans Gugelot. Die Architektur des Design, Verlag avedition, Stuttgart 2020, 168 Seiten, 28 EUR