Dossier9/11, Afghanistan und das Scheitern des Westens
Die Terroranschläge vom 11. September 2001 in New York und Washington DC liegen zwanzig Jahre zurück – und damit auch die in der Folge von «Nine Eleven», am 7. Oktober 2001, begonnene Invasion und Besatzung Afghanistans, die vor wenigen Tagen mit dem überstürzten Abzug der US- und NATO-Truppen aus dem nun wieder von den Taliban kontrollierten Land zu Ende ging. In diesem Dossier versammeln wir Texte, die die geopolitischen Folgen des «Krieges gegen den Terror» ebenso diskutieren wie das Scheitern der westlichen Intervention in Afghanistan. Markiert die US-Reaktion auf die Anschläge, wie Bernd Greiner in seinem großen Essay schreibt, retrospektiv betrachtet gar das Ende des «amerikanischen Jahrhunderts»?
Die Grenzen der US-amerikanischen Militärmacht hat das Scheitern am Hindukusch jedenfalls überaus sichtbar gemacht. Mehrere Texte befassen sich aus unterschiedlicher Perspektive mit dem Truppenabzug wie auch mit den gebrochenen Versprechen des Westens gegenüber den Afghan*innen. Anders als avisiert hat Deutschland – übrigens zum Unmut auch vieler Bundeswehrangehöriger – nur einen Bruchteil der Fluchtwilligen außer Landes gebracht. Was aber bedeutet das für die Afghan*innen, welche Folgen hat der Truppenabzug für die Menschen in Afghanistan und in der Diaspora? Was passiert, wenn jetzt wieder Hunderttausende vor den Taliban fliehen müssen? Und welche Forderungen haben afghanische Aktivist*innen an die Politik, hier wie dort?
Darüber hinaus diskutieren mehrere Beiträge in diesem Dossier den regionalen Kontext des Afghanistankrieges, von Zentralasien bis Pakistan und Indien. Denn allzu oft wird die Einflussnahme der Anrainerstaaten auf die Lage in Afghanistan ausgeblendet. Jetzt, nach dem NATO-Abzug, steht zu erwarten, dass sie weiter zunehmen wird.
Verschweigen wollen wir auch nicht die politische Dimension des Einsatzes in der Bundesrepublik. Denn trotz der vielen Anzeichen dafür, dass die Besatzung des Landes nicht das gewünschte Ergebnis bringen würde, stand die Bundesregierung bis zuletzt in Nibelungentreue zum Bundeswehreinsatz. Auch darüber müssen wir sprechen, wenn wir aus den Fehlern der Vergangenheit lernen und derartige Desaster künftig vermeiden wollen.