Grundbegriffe im Mietrecht und für einen bundesweiten Mietendeckel

Glossar zum Mietendeckel-Rechner

Angespannter Wohnungsmarkt

Ein Bundesland kann Gebiete für fünf Jahre als angespannte Wohnungsmärkte ausweisen, damit besondere bundesgesetzliche Schutzvorschriften wie z.B. die → Mietpreisbremse oder die abgesenkte → Kappungsgrenze in Kraft treten können. In Frage kommen Gebiete, in denen die Mietsteigerungen und der Anteil der Miete am Einkommen besonders hoch sind, die Bevölkerung wächst und wenige Wohnungen neu gebaut werden oder leer stehen. Die Landesregierungen müssen ausführlich begründen, ob diese Kriterien erfüllt sind, was die umfassende Ausweisung von angespannten Wohnungsmärkten erschwert.

Das Konzept für einen bundesweiten Mietendeckel sieht vor, die Kriterien zu schärfen und Landesregierungen zu verpflichten, Gebiete als angespannte Wohnungsmärkte auszurufen, wenn diese Kriterien erfüllt sind. In Gebieten, in denen die Wohnungsversorgung nicht nur gefährdet ist, sondern Wohnungsnot herrscht, müssen Länder → Wohnungsnotgebiete ausrufen, die weitergehende Schritte erfordert.

Echte Durchschnittsmiete

Die Studie für einen bundesweiten Mietendeckel schlägt als → Referenzmiete eine echte Durchschnittsmiete vor, die alle aufgerufenen Mietpreise in einer Kommune, unabhängig von ihrem Zustandekommen, erfasst. Dabei sollen weiterhin durchschnittliche Miethöhen je nach Lage, Größe und Zustand der Wohnungen unterschieden werden. Die Mieten würden so realistischer erfasst und die erlaubten Mieterhöhungen dürften nur geringer ausfallen als das im heutigen System der ortsüblichen Vergleichsmiete möglich ist. In den 1970er Jahren, bis zur Mietrechtsreform 1982, war eine solche echte Durchschnittsmiete schon einmal Gesetz.

Kappungsgrenze

Vermieter*innen dürfen Mieten in laufenden Mietverträgen erhöhen, allerdings innerhalb von gesetzlich festgelegten Grenzen. Im Gegenzug gelten Mietverträge in der Regel unbefristet, und Kündigungen ohne triftigen Grund sind verboten. Die Miete darf aktuell nur um 20 Prozent innerhalb von drei Jahren erhöht werden, aber nur bis zur örtlichen → Referenzmiete. Darüber hinaus gehende Mieterhöhungen sind nicht erlaubt und können von den Mieter*innen abgelehnt werden. In → angespannten Wohnungsmärkten liegt die Kappungsgrenze niedriger, bei aktuell 15 Prozent Mieterhöhung in drei Jahren. Im Konzept für einen bundesweiten Mietendeckel soll diese Grenze deutlich abgesenkt werden, bis hin zum vollständigen Mietenstopp in → Wohnungsnotgebieten.

Leistbare Miete

Als leistbar gelten Wohnungen, bei denen die Miete (bruttowarm, d.h. einschließlich der Heiz-, Warmwasser- und aller Nebenkosten) höchstens 30 Prozent des verfügbaren Haushaltseinkommens (netto, also nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben) beträgt.

Nach dem Konzept für einen bundesweiten Mietendeckel ersetzt die leistbare Miete in → Wohnungsnotgebieten die → echte Durchschnittsmiete als Maßstab für → Mietsenkungen. Dafür errechnet die Kommune ein lokales mittleres Einkommen: Das verfügbare Einkommen, das exakt in der Mitte einer nach Höhe des Einkommens aufgestellten Reihe von Haushalten liegt (d.h. die Hälfte der übrigen Haushalte haben mehr und die andere Hälfte weniger zur Verfügung). 30 Prozent dieses mittleren Einkommens gelten als lokal leistbare Miete.

Mietpreisbremse

Die Mietpreisbremse setzt eine Mietobergrenze bei Abschluss eines neuen Mietvertrags. Wird eine Wohnung neu oder wieder vermietet, darf die Miete nicht höher liegen als 10 Prozent über der lokalen → Referenzmiete. Voraussetzung ist, dass das Bundesland dieses mietenpolitische Instrument überhaupt eingeführt und die jeweilige Stadt oder Region als → angespannten Wohnungsmarkt ausgewiesen hat. Die Mietpreisbremse gilt nicht für Neubauten (ab Baujahr 2014), umfassend modernisierte Wohnungen sowie Wohnungen, die schon vorher teurer als zur Mietbremsen-Miete vermietet wurden.

Mietsenkung

Schon jetzt dürfen überhöhte Mieten abgesenkt werden – theoretisch. Übersteigt eine Miete das übliche Niveau (→ Referenzmiete) um mehr als 20 Prozent, gilt sie als ordnungswidrig. Dann können die Behörden einschreiten und Strafen verhängen. Allerdings sagen die Gerichte, dass den Vermieter*innen nachgewiesen werden muss, sie hätten persönlich und bewusst ein geringes Wohnungsangebot und damit eine individuelle Zwangslage der Mieterin oder des Mieters ausgenutzt. Das Gesetz ist deshalb schon seit Jahrzehnten kaum anwendbar.

Das Konzept für einen bundesweiten Mietendeckel sieht vor, den entsprechenden Paragraphen 5 Wirtschaftsstrafgesetz zu reformieren und damit Mietsenkungen auf einen Wert von 20 Prozent über der → echten Durchschnittsmiete bzw. der → leistbaren Miete in → Wohnungsnotgebieten wieder zu ermöglichen.

Mietspiegel

Der Mietspiegel ist eine Möglichkeit, die lokale → Referenzmiete festzulegen. Städte und Gemeinden stellen die Mietspiegel in Zusammenarbeit mit Mieter*innen- und Vermieter*innenverbänden auf. Mietspiegel bestimmen aufgrund von Umfragen die Mieten, die üblicherweise aufgerufen werden, unterschieden nach Baualter, Lage und Zustand der Wohnungen. Allerdings werden nur Mieten für die Mietspiegel herangezogen, die innerhalb der letzten 6 Jahre neu vereinbart oder geändert wurden. Weil diese Mieten meistens höher liegen als die in ganz alten Mietverträgen, bezeichnen Kritiker*innen die Mietspiegel auch als „Mieterhöhungsspiegel“.

Mietzuschüsse (Subjektförderung)

Jedes Jahr fließen viele Milliarden Euro an Steuergeldern in den privaten „Wohnungsmarkt“. Ein Teil dieser Subventionen soll Menschen mit wenig Geld mit Wohnungen versorgen oder ihnen helfen, die Miete zu zahlen. Neben der Förderung von Sozialwohnungen (Objektförderung) spielen seit den 1990er Jahren direkte Mietzuschüsse an die Mieter*innen (Subjektförderung) eine immer größere Rolle. So übernehmen die Ämter die Mietkosten für Personen, die Sozialhilfe, Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld beziehen – sofern die Größe der Wohnung und die Höhe der Miete als „angemessen“ gelten. Außerdem können Menschen mit geringen Einkommen einen Zuschuss – das Wohngeld – beantragen. Für solche Mietzuschüsse geben Bund, Länder und Kommunen 17,5 Milliarden Euro im Jahr aus, die direkt in die Taschen der Vermieter*innen fließen.

Referenzmiete

Nach deutschem Mietrecht bestimmt eine Referenzmiete, wie hoch Mieterhöhungen ausfallen dürfen. Sie ist auch der Maßstab für die → Mietpreisbremse. Derzeit wird dafür eine „ortsübliche Vergleichsmiete“ bestimmt, die Mieten für Wohnungen vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung und Lage erfasst. Das kann über Gutachten, Vergleichswohnungen oder über → Mietspiegel passieren. Allerdings fließen in den Vergleichswert nur Mieten ein, die in den letzten 6 Jahren neu vereinbart oder geändert wurden. Die oft deutlich günstigeren älteren Mieten und auch die Mieten für Sozialwohnungen werden gar nicht erst berücksichtigt. Deshalb sind Mietsteigerungen im System der „ortsüblichen Vergleichsmiete“ schon angelegt.

Wohnungsnotgebiete

Die Studie für einen bundesweiten Mietendeckel schlägt vor, Städte und Gemeinden mit einer besonders gefährdeten Wohnungsversorgung als Wohnungsnotgebiete auszurufen. Dort soll ein besonders scharfes Mietrecht gelten, um die weitere Verdrängung von Menschen mit geringen Einkommen zu stoppen. In Wohnungsnotgebieten dürfen die Mieten nicht erhöht und Wohnungen nur zur → echten Durchschnittsmiete vermietet werden (statt mit einem 10-prozentigen Aufschlag wie bei der → Mietpreisbremse). Für → Mietsenkungen bei überhöhten Mieten gilt hier die → leistbare Miete als Maßstab.

Als Wohnungsgebiete gelten Städte, wenn zwei von drei der folgenden Kriterien erfüllt sind: die Mieten in den letzten fünf Jahren sind überdurchschnittlich hoch gestiegen; der Unterschied zwischen den Preise bei Neuvermietung und den Bestandsmieten ist deutlich höher als üblich; und Haushalte müssen mehrheitlich über ein Drittel ihres Einkommens für die Miete zahlen. Unter den 42 in der Studie untersuchten Städten gelten Berlin, Bielefeld, Frankfurt am Main, Freiburg im Breisgau, Hamburg, Heidelberg, Köln, Mainz, München, Osnabrück und Stuttgart als Wohnungsnotgebiete.

Texte: Anastasia Blinzov, Armin Kuhn