DossierGegen die Logik der Gewalt
Der 7. Oktober 2023 ist eine Zäsur. Ausgelöst durch das schreckliche Massaker der islamistischen Hamas an israelischen Zivilist*innen findet in Israel und Palästina eine Gewalteskalation statt, die schockiert und verstört. Als Rosa-Luxemburg-Stiftung arbeiten wir seit vielen Jahren in beiden Ländern mit palästinensischen und israelischen Kolleg*innen und Projektpartner*innen zusammen.
Wir haben gewachsene Netzwerke, die weit über die Arbeit hinausgehen und von einer solidarischen Haltung getragen werden. Wir versuchen nach Kräften, in einem Kontext von Gewalt und Gegengewalt mit kritischer und solidarischer Arbeit einen kleinen Unterschied zu machen. Für die Stärkung von demokratischen, progressiven Akteuren und Projekten in Israel und Palästina, für ein Ende der Besatzung und ein Ende der Abriegelung des Gazastreifens und für ein gleichberechtigtes Setting vor Ort, in dem alle Menschen, Israelis und Palästinenser*innen, in Frieden, Sicherheit und Würde leben können.
Wir sind der Meinung, dass gerade jetzt in der eskalierten Situation kenntnisreiche, differenzierte und auch empathische Beiträge wichtig sind und die Perspektiven von vor Ort Gehör finden müssen. Es geht uns darum, zu verstehen, was passiert. Dazu braucht es Hintergründe und ja, auch Kontext. Der Begriff der Kontextualisierung hat in den letzten Wochen gelitten, zu oft wurde er mit Verharmlosung gleichgesetzt. Nein, Kontext ist für uns nicht der Versuch, Dinge zu rechtfertigen, schon gar nicht eine so grausame Tat wie das Massaker in Süd-Israel. Kontext bedeutet für uns, die Ereignisse einzuordnen in Entwicklungen und Umstände, die weit über den Tag hinausreichen.
Deshalb präsentieren wir in diesem Dossier neben neuen Texten und Interviews, die vor dem Hintergrund des Krieges entstanden sind, auch frühere Beiträge zu Israel und Palästina. Wir geben unterschiedlichen, manchmal auch widersprüchlichen Perspektiven und Analysen Raum. Als Einrichtung der politischen Bildungsarbeit ist es eine unserer zentralen Aufgaben, ein Ort für das Ringen um die Wahrheit zu sein. Das gilt insbesondere für die komplexe und schmerzhafte Situation in Palästina und Israel.
Katja Hermann, Leiterin Westasien-Referat der Rosa-Luxemburg-Stiftung